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Gedenkveranstaltung in Hanau: Mehr gegen Rassismus tun

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Rund 500 Menschen gedenken am Jahrestag der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau.

Der Himmel ist grau und Wolken verhangen. Die ersten Regentropfen fallen. Und dennoch haben sich viele Hanauerinnen und Hanauer an diesem Vormittag auf den Weg gemacht. Mehr als 500 sind gekommen, auch aus der Politik, Vereinen und Verbänden, um der Opfer des rassistischen Anschlags zu gedenken.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) wird am Ende der einzige Politiker sein, der das Wort ergreift. Man habe, so der Rathauschef, mit Bund und Land verabredet, dass jedes Jahr ein anderer Vertreter spricht. Kaminsky rief zum Kampf gegen Hass, Rassismus und Hetze auf. „All das richtet sich gegen Menschen, die unter uns leben, die zu uns gehören, zu unserer Stadt und unserer Nachbarschaft“, sagte er auf dem Marktplatz.

Bei der Gedenkstunde wurde an die neun Menschen erinnert, die ein 43-jähriger Deutscher am 19. Februar 2020 aus rassistischen Motiven ermordet hatte, bevor er seine Mutter und dann sich selbst tötete.

Unter den Gästen der Veranstaltung waren neben den Familien der Getöteten auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), die zuvor auf dem Hanauer Hauptfriedhof Blumengestecke für die Ermordeten niedergelegt hatten.

Oberbürgermeister Kaminsky sagte, die Demokratie müsse „endlich ihr wehrhaftes Antlitz zeigen“ – und zwar konkret und erfahrbar. „Nehmen wir die Verantwortung an, die uns alle trifft, und halten wir dagegen an, wenn Einzelnen oder Minderheiten in unserem Land die Würde genommen wird“, forderte er. Die Grundrechte seien wertvoll, teils aber auch fragil und müssten geschützt werden. Mit dem geplanten Zentrum für Demokratie und Vielfalt wolle man sich noch stärker engagieren, noch stärker gegen jene stellen, die Hass und Hetze verbreiteten.

Die Angehörigen der Opfer sehen indes noch viel Aufklärungsbedarf. Cetin Gültkin, der Bruder des ermordeten Gökhan Gültekin, appellierte an Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), die zentralen Fragen zum Organisationsversagen bei Polizei und Behörden nicht aus dem Blick zu verlieren. Bis heute habe es keine Konsequenzen gegeben. Emis Gürbüz, die Mutter des ermordeten Sedat, forderte erneut die Errichtung eines Mahnmals auf dem Marktplatz.

Valentino Kierpacz, der 20-jährige Sohn der ermordeten Mercedes, beschrieb ebenso wie andere Angehörige, wie groß der Verlust und die Trauer seien. Serpil Unvar, deren Sohn Ferhat am 19. Februar 2020 starb und die sich mit ihrer Bildungsinitiative gegen Rassismus an Schulen engagiert, sparte nicht mit Kritik an der Karl-Rehbein-Schule, die eine Zusammenarbeit als einzige Hanauer Schule abgelehnt habe. Der 19. Februar 2020 habe eine nicht heilende Wunde hinterlassen, „ein Stück unserer Herzen entrissen“, sagte Ajla Kurtovic. Sie halte die Erinnerung an ihren Bruder Hamza wach, habe aber nach wie vor viele Fragen.

„Wir vermissen klare Antworten, Aufklärung und Konsequenzen. Warum sorgt der Untersuchungsausschuss im Landtag nicht neutral für Aufklärung statt immer wieder staatliche Behörden zu verteidigen?“, fragte die Hanauerin, die am Ende ihrer Rede mit den Tränen kämpfte. Bundesinnenministerin Faeser besuchte im Anschluss an die Gedenkveranstaltung die Ausstellung im Rathaus-Foyer und stellte sich auch den Fragen der Presse. Im Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland sehe sie noch viel Handlungsbedarf, so die SPD-Politikerin. Vom Rechtsextremismus gehe die größte Bedrohung für die demokratische Grundordnung aus, sagte Faeser und verwies auf einen entsprechenden Aktionsplan. Eine wichtige Form der Prävention sei zudem die Bildungsarbeit.

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