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Corona-Pandemie: Personalnotstand in Frankfurter Klinik - Zwölf-Stunden-Schichten auf Intensivstation

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Von: Jutta Rippegather

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Peter Beckmann arbeitet in der Notaufnahme des Sankt-Katharinen-Krankenhauses.
Peter Beckmann arbeitet in der Notaufnahme des Sankt-Katharinen-Krankenhauses. © Christoph Boeckheler

Durch das Coronavirus wird der Pflegenotstand besonders deutlich. Das Personal am Sankt-Katharinen- Krankenhaus in Frankfurt arbeitet am Anschlag. Ihm fehlt es an Unterstützung durch die Politik.

Frankfurt - Es ist die „soziale Distanz“, die Peter Beckmann belastet. Die fehlende Möglichkeit, einen Patient oder eine Patientin in dieser Ausnahmesituation zu trösten. „Man kann sie nicht in den Arm nehmen“, sagt Beckmann, Fachkrankenpfleger für Notfallmedizin. „Unbefriedigend“ seien diese Arbeitsabläufe. „Wir können die Erwartungen an uns und an die Patienten nicht mehr erfüllen.“

Nach neun Monaten Corona-Pandemie geht das Personal auf dem Zahnfleisch. Das ist die Kernbotschaft der Verantwortlichen des Sankt-Katharinen-Krankenhauses in Frankfurt. Anders als bei der ersten Corona-Welle fallen vermehrt Mitarbeiter:innen wegen Quarantäne oder Krankheit aus. „Im November musste interimsweise ein Zwölf-Stunden-Schichtsystem eingeführt werden, um die Patientenversorgung auf der Intensivstation aufrechterhalten zu können“, sagt Andreas Pape, Chefarzt der Anästhesie.

Sankt-Katharinen-Krankenhaus in Frankfurt hat vier Intensivplätze für Infizierte mit dem Coronavirus

Das Sankt-Katharinen-Krankenhaus müsse vier Intensivplätze für Covid-19-Erkrankte bereithalten. „Parallel dazu müssen die für die Aufrechterhaltung des Regelbetriebes des Krankenhauses erforderlichen Intensivkapazitäten sichergestellt werden.“ Denn auch das unterscheidet die jetzige Situation von der im Frühjahr: Nur die großen Kliniken erhalten vom Staat einen Ausgleich, wenn sie planbare Eingriffe verschieben, um Kapazitäten für potenzielle Corona-Patient:innen freizuhalten.

Sankt Katharinen, die Akutklinik im Stadtteil Frankfurt-Bornheim, bekommt diese Freihaltepauschale nicht. Sie muss weiterhin „Fälle machen“, wie es Martina Christmann ausdrückt, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung. Nicht die Covid-19-Patienten würden das System zum Sprengen bringen, sondern die Fallpauschale. Das „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ führe unvermeidlich zu knappen Ressourcen. „Der seit vielen Jahren immer wieder zitierte Pflegenotstand fällt uns in Pandemiezeiten sprichwörtlich auf die Füße.“ Das Gesundheitssystem bedürfe grundlegender Reformen.

Coronavirus zeigt die dramatische Situation an den Krankenhäusern auch in Frankfurt

Geschäftsführerin Alexandra Weizel wäre schon froh, wenn wenigstens die Freihaltepauschale wieder fließen würde. Rund 60 Prozent aller Krankenhäuser im Land stünden, wie das Sankt Katharinen, finanziell mit dem Rücken zu Wand. Sie warnt: „Wir brauchen dieses Geld, sonst werden wir das kommende Jahr nicht überleben.“ Es könne nicht sein, dass die permanent am Limit arbeitende 650-köpfige Belegschaft sich nun auch noch Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen müsse.

Die Zunahme der Zahl an Patient:innen, der hohe Hygieneaufwand: „Dies führt zu Belastungssituationen, psychischen und emotionalem Druck“, sagt Fachkrankenpfleger Peter Beckmann. Zur Sorge um mögliche Engpässe in der Versorgung komme die um die eigene Gesundheit. Professionelles Handeln nach Katastrophen und bei Pandemie sei Teil der Ausbildung. „Damit können wir umgehen, darauf sind wir vorbereitet, das haben wir gelernt.“ Doch die Kräfte seien endlich. Die Belegschaft nähere sich ihren Kapazitätsgrenzen. Und qualifiziertes Pflegepersonal sei nicht auf die Schnelle nachschulbar. „Niemand möchte an einer Beatmungsmaschine angeschlossen sein, die von einem Neuling bedient wird.“

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