Frankfurt: Der Verein um die Ecke

FTG Frankfurt will 2000 verlorene Mitglieder zurückgewinnen
Durch den bunt bemalten Flur schallt Kindergeschrei, eine Mutter wartet am Schalter darauf, ihren Sohn im Verein anmelden zu können. Der „Sportpunkt“ der Frankfurter Turn- und Sport-Gemeinschaft, kurz FTG, liegt mitten in Bockenheim, ein wuseliger Treffpunkt mit altem Schulturnhallen-Charme. Morgens füllt sich die benachbarte Bewegungskita, mit der die FTG kooperiert, heute bietet sie für die Kleinen einen Hindernisparcours an. Ein Stockwerk darüber beginnt derweil der „Bodyfit“-Kurs. „Ein wenig Normalität“, nennt Holger Wessendorf das, der Geschäftsführer der FTG.
Im vergangenen Jahr hat der Verein 2000 Mitglieder verloren, gut ein Drittel des Vereins, darunter viele Kinder und Jugendliche. Juliane Frera, Mitarbeiterin im Sportpunkt, sagt, dass das gerade bei den Kindern oft finanzielle Gründe hatte. Auf ihrem schwarzen Hoodie prangt rot-weiß „FTG Frankfurt“, dazu der Hashtag #Mainverein. Der Mitgliederschwund habe aber nicht allein am Geld gelegen, meint sie: „Für Erwachsene kann das Onlineangebot eine Alternative sein, für Kinder nicht. Die brauchen einander.“ Nicht zuletzt deswegen hatte die FTG seit April dieses Jahres zusätzlich zu ihrem Onlineangebot ein Outdoorprogramm im „Sportgarten“ im Rebstöcker Weg etabliert: Jeden Vormittag und Abend gemeinsam bewegen, Teilnahmebeschränkungen gab es nicht. Das habe zumindest Mitglieder gehalten, sagt Geschäftsführer Holger Wessendorf. Solchen Ideen und unermüdlichem Engagement vieler Ehrenamtlicher zum Trotz: „Acht Monate lang war zu“, so Wessendorf, „und die finanziellen Auswirkungen des Mitgliederverlusts sind exorbitant.“ Eigentlich müsse der Verein mit kategorischen Sparmaßnahmen reagieren, was sich in einem schmaleren Programm niederschlagen würde – und das sei dann wiederum für neue Interessenten nicht attraktiv genug.
Neustart für die Jüngsten
Seit Sport wieder zulässig sei, kämen aber langsam neue Mitglieder hinzu oder alte zurück. Wessendorf will mit seinem Verein nicht nur Dienstleister, sondern ein sozialer Treffpunkt im Viertel sein: Mit Infoflyern und bunten Postkarten will die FTG sich nach den schwierigen Zeiten wieder als „Sportverein um die Ecke“ etablieren. „Uns war wichtig, Kindern wieder eine Möglichkeit zum Sport zu bieten“, sagt der Geschäftsführer, man wolle zeigen, wie wichtig ausreichende Bewegung für das Wohlbefinden der Kinder, aber auch für das soziale Miteinander sei – besonders während der Pandemie. Das sei aber nicht nur für die Kleinsten wichtig, unterstreicht Juliane Frera: „Jetzt möchten die Leute wieder richtig Sport treiben, zusammen.“ Sie begrüße, dass die europäische Woche des Sports wieder dezentral stattfindet, also in den Sportstätten der jeweiligen Vereine. Als Organisatorin in der FTG hat Frera spezielle Kurse ausgewählt, mit denen der Verein für sich werben will: Für Ältere werden Yoga und Gymnastik angeboten, Kinder können unter anderem Floorball/Unihockey, Inline-Skating oder Hip-Hop und Street Dance ausprobieren. „Es soll jeder kommen können, der möchte“, so Frera. Dafür wolle man die Zugangshürden so gering wie möglich halten.
Es werde nicht leicht, die verlorenen Mitglieder wiederzugewinnen, fürchtet Wessendorf. Die Menschen, die während des Lockdowns den Verein verlassen hätten, hätten ihr Leben anders organisieren müssen oder sich Alternativen gesucht. „Man kann nicht davon ausgehen, dass die genauso wieder zurückkehren.“ Trotzdem will die FTG Frankfurt es versuchen.