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Mit Flugblatt und Stickern gegen Neonazis

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Von: Hanning Voigts

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Aktion am Wochenende in Eschborn: Neonazi Kai K., hier bei einer Demo 2010, bekam Besuch von der Antifa.
Aktion am Wochenende in Eschborn: Neonazi Kai K., hier bei einer Demo 2010, bekam Besuch von der Antifa. © Peter Jülich

Aktivisten der Autonomen Antifa statten einem Neonazi-Kader in Eschborn am Wochenende einen Besuch ab. Im Vorfeld des 1. Mai, an dem die NPD und andere Rechtsextreme durch Frankfurt marschieren wollen, wollen die Antifa-Aktiven die Neonazi-Strukturen in der Region aufdecken.

Am frühen Samstagnachmittag wirkt Eschborn wie ausgestorben. Die etwa 20 jungen Leute in schwarzen Jacken, die vom S-Bahnhof in Richtung Innenstadt laufen, ziehen daher einige Aufmerksamkeit auf sich. Anwohner und Passanten bleiben irritiert stehen, während die Gruppe bunte Sticker auf Laternenmasten und Stromkästen pappt und Werbetafeln mit Plakaten überklebt, auf denen in fetter Schrift „Frankfurt Nazifrei“ steht.

Es sind Aktivisten der Autonomen Antifa, die sich auf den Weg gemacht haben, um dem Neonazi Kai K. zu Hause einen Besuch abzustatten. K., der aus Thüringen stammt, wird von Szenekennern zur Frankfurter Gruppierung „Nationale Sozialisten Rhein-Main“ gezählt und gilt zudem als führender Kader im „Freien Netz Hessen“, einem landesweiten Netzwerk militanter Neonazi-Kameradschaften. Seit Jahren wird K. immer wieder bei bundesweit bedeutenden Neonazi-Aufmärschen gesichtet, etwa beim „Nationalen Antikriegstag“, den rechtsextreme Gruppen in jedem Jahr in Dortmund veranstalten.

Strukturen aufzeigen

Dass in der Eschborner Innenstadt ein aktiver Neonazi lebt, merkt man schon auf dem Weg: Überall kleben eindeutig rechtsextreme Sticker mit Botschaften wie „Versager sind bunt“ oder „Israel mordet und die Welt schaut zu“. Während seine Mitstreiter einige Nazi-Sticker abkratzen und Flugblätter mit Informationen zu K. und seiner rechtsextremen Gesinnung in Briefkästen stecken, erklärt Leonard Schneider, was die Aktion bezwecken soll. „Es geht uns darum, im Vorfeld des 1. Mai aufzuzeigen, was es hier in der Region für Neonazi-Strukturen gibt“, sagt er.

Am 1. Mai rufen die hessische NPD und Neonazis aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften zu einem Großaufmarsch vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt auf, Gegendemonstrationen und Proteste werden bereits vorbereitet.

Indem man in ihrem direkten Wohnumfeld auf Nazikader wie K. hinweise, sagt Schneider, wolle man sie „aus der Anonymität holen“. Solche „Outings“, die bei Antifa-Aktivisten in ganz Deutschland eine beliebte Methode sind, bewegten sich zwar in einem rechtlichen Graubereich, aber er halte sie dennoch für legitim: „Es ist das Recht der Anwohner zu wissen, dass in ihrer Nachbarschaft ein Nazi wohnt.“ Schließlich sei Kai K. gewaltbereit und eine Gefahr für Menschen, „die seinem Feindbild entsprechen“. Außerdem hoffe man, so großen Druck auf die „geouteten“ Neonazis auszuüben, dass sie ihre Aktivitäten beendeten. Wobei man sich da bei K. keine Hoffnung mache, sagt Schneider: „Der ist fest in der Szene verwurzelt.“

Polizei kommt in die Quere

Inzwischen ist die Gruppe vor K.s Wohnung angekommen. K. und einige seiner Gesinnungsgenossen beobachten die Szenerie kurz vom Balkon aus und ziehen sich dann in die Wohnung zurück. Die Antifas entrollen ein Transparent und beginnen, per Megafon ihr Flugblatt vorzulesen. Doch kaum haben sie damit begonnen, fahren schon zwei Mannschaftswagen der Polizei vor. Die Gruppe geht sofort zurück in Richtung Bahnhof. Man wolle vermeiden, dass Personalien aufgenommen würden, sagt Schneider. Jetzt seien die Eschborner dran, findet er. „Im besten Falle organisieren sich die Anwohner und werden selbst aktiv.“

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