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Flüchtlingshilfe wirbt für Engagement

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Bis vor einem Jahr machte sich in Karben kaum noch jemand Gedanken wegen neuer Flüchtlinge. Die Welle der Ankommenden war abgeflaut. Alles lief in geregelten Bahnen. Die Ehrenamtlichen der Karbener Flüchtlingshilfe konnten ihrem Tagesgeschäft im kleinen Kreis nachgehen. Dann aber folgte mit dem russischen Überfall auf die Ukraine ein Erdbeben, das bis in die Wetterau zu spüren war.

Innerhalb weniger Wochen und Monate galt es, eine weitere Herkulesaufgabe zu schultern.

„Wir haben derzeit etwa 300 Flüchtlinge hier in Karben“, sagt Werner Giesler im evangelischen Gemeindehaus in Klein-Karben. Der Pfarrer in Rente ist Sprecher der Karbener Flüchtlingshilfe. „Diese Menschen kommen nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus anderen Ländern. Eigentlich wäre es schön, wenn wir gar nicht gebraucht würden. Aber das wird wohl nicht passieren“, sagt Giesler.

Die Projekte der Flüchtlingshilfe werden vom internen Steuerungskreis koordiniert. Um diesen achtköpfigen Kern herum hat sich in neun Jahren, seit es die Flüchtlingshilfe gibt, ein Netzwerk aus Helferinnen und Helfern gebildet. Ilona Just und Fiona Janus gehören dazu. Sie haben am Sonntag einen Überblick zu aktuellen und geplanten Projekten gegeben. Interessierte bekamen Informationen über die Arbeit mit geflüchteten Menschen. Wer wollte, konnte sich in den ausliegenden Helferlisten registrieren.

„Nur weil die Unterstützung in Karben groß ist, können wir Geflüchteten so viele Angebote machen“, erklärt Fiona Janus. Die Flüchtlingshilfe sei ein Projekt der Karbener evangelischen Gesamtkirchengemeinde und profitiere deswegen von bürokratischen Entlastungen durch die Verwaltung.

Die Aufgaben für Hilfswillige sind vielfältig: Patenschaften unterstützen Neuankömmlinge beim Ausfüllen von Formularen und diversen Behördengängen, Flüchtlinge ins Jobcenter, zum Arzt oder zu sonstigen Terminen begleiten. Daraus resultieren nicht selten gute Verbindungen und auch Freundschaften.

Deutschkurse stehen an erster Stelle aller Maßnahmen. Die beiden Frauen machten deutlich, wie wichtig sprachliche Integration ist. „Im vergangenen Jahr haben wir dieses Angebot intensiviert“, sagt Ilona Just. „Auch das war nur möglich wegen der vielen ehrenamtlichen Helfer. Die Kurse wurden immer größer und mussten sogar geteilt werden. Parallel hatten wir bis zu sechs Deutschkursen am Laufen.“ Neue Leute in Karben könnten ohne vorherige Anmeldung direkt dazukommen.

Trotz einer Mehrzahl an positiven Signalen stimmte die Situation vieler Flüchtlingsfrauen in Karben nachdenklich. Ein Zuhörer wies darauf hin, dass Frauen genauso wie ihre Männer Deutsch lernen müssten. Wichtig sei der Spagat zwischen gleichzeitiger Kinderbetreuung und Sprachkurs. Die Umsetzung in der Praxis gestalte sich bisweilen aber noch schwierig.

„Kinderbetreuung muss auch finanziert werden“, sagt Giesler. Er nannte eine Summe von rund 6500 Euro, die zur Umsetzung aufgewendet werden müsse. „Wir müssen das noch diskutieren. Natürlich ist es eine Aufgabe der Flüchtlingshilfe, Mütter in den Unterricht oder überhaupt in Kontakt zu bringen.“

Für die Zukunft soll in Kooperation mit dem Mütter- und Familienzentrum (MüZe) und dem Ausländerbeirat Karben ein Internationales Frauentreffen im Fokus stehen. Janus und Just stellten außerdem einen Fahrradkurs für Frauen, die bessere Vernetzung der Flüchtlinge untereinander sowie kulturelle Projekte in Karben in den Mittelpunkt ihrer Präsentation. Die gut funktionierende Fahrradwerkstatt im Industriegebiet soll mit neuem Konzept fortgeführt werden. Flüchtlinge könnten zukünftig von einem Arbeitsvermittlungsangebot profitieren, das mit dem Berufsbildungswerk Südhessen angestrebt wird.

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