Filme statt Mathe-Arbeit

Wetterau - Kino statt Schule. Das kommt an. Die Verantwortlichen der „Schulkinowochen“ Hessen sind überwältigt von der bisherigen Resonanz. Bei Giovanni Speranza von der „Filmbühne“ Bad Nauheim haben sich so viele Schulen angemeldet, dass er sich etwas einfallen lassen muss, damit alle auch einen Platz vor „seiner“ Leinwand bekommen werden.
Alle wollen in das spezielle Programmkino in der Kurstraße, auch Schulen aus Friedberg und der nahen Region. Das betonte Speranza bei der Pressekonferenz der „Schulkinowochen“ im Deutschen Filminstitut und Filmmuseum Frankfurt (DFF). Er stand bei der Programmvorstellung stellvertretend für die über 70 in Hessen teilnehmenden Kinos.
Vor etwa neun Monaten hat Speranza die „Filmbühne“ übernommen - ein reines Programmkino ohne Popcorn und Snacks mit Industriezucker, wie er sagt. „An den Schulkinowochen mitzuwirken, ist für mich eine Verpflichtung.“. Denn es geht um Filmbildung für alle. „Diese Filmbildung im Kino kann gar nicht früh genug anfangen“, meinte er.
Genau das ist das Ziel der hessischen „Schulkinowochen“, die in diesem Jahr in 17. Auflage und erstmals wieder ohne Einschränkungen stattfinden können. Schulklassen können sich vom 13. bis 24. März Filme zu bestimmten Themen in einem Kino vor Ort anschauen. Dazu gibt es Begleitprogramm, Diskussionen, Workshops und Fortbildungen für Lehrer. „Das Kino wird zum Klassenzimmer“, sagte Ellen M. Harrington, Direktorin des DFF.
Das ist in Frankfurt und anderen größeren Städten in Hessen auch kein Problem. Hat eine Schule kein Kino in der Nähe, kommt das Kino in die Schule. Das „Pop-up-Kino“ macht es möglich. 2022 hat es das DFF zusammen mit Vision Kino entwickelt, um gerade Schulen im ländlichen Raum dieses Erlebnis zu ermöglichen.
IN DER REGION
In ganz Hessen nehmen über 70 Kinos an den hessischen „Schulkinowochen“ teil. In der Region sind das die „Filmbühne„ in Bad Nauheim, das „Novum“ in Büdingen, „Lumos Lichtspiele“ in Nidda, das „Capitol“ in Butzbach, der „Cinepark“ in Karben und das „Luxor“ in Nidderau.
Noch bis zum 24. Februar können sich Schulen anmelden. Einige Veranstaltungen sind ausgebucht. Besonders bei den Fortbildungen sind noch Plätze frei. Infos unter 0 69/9 61 22 06 81; hessen@schulkinowochen.de oder online unter www.schulkinowochen-hessen.de. koe
Wie wichtig das gemeinsame Erleben und damit das außerschulische Bildungsangebot der „Schulkinowochen“ ist, hob Manuel Lösel, Staatssekretär im hessischen Kultusministerium hervor. „Das Kino wird zum Lernort, der Film als besondere Kunstform zum politischen Medium.“ Er lobte die Schwerpunkte, die das Festival alljährlich setze. Spiel-, Dokumentar- und Animationsfilme beschäftigen sich mit Nachhaltigkeit, Wirtschaft, Politik oder der Liebe zu Film und Kino. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr: „Aufwachsen in der Ukraine“.
Das DFF hat ein weiteres Sonderthema gesetzt: „Fokus Filmfarben“. Dabei geht es um die Entwicklung des Schwarz-Weiß-Films bis zu heutigen (digitalen) Darstellungsformen. Denn die Digitalisierung bringe auch Schwierigkeiten mit sich, die den Schülern aufgezeigt werden können, sagte Naima Wagner vom DFF. Einige Filme, die das DFF gerne gezeigt hätte, können nicht laufen, da diese bisher nicht digitalisiert worden seien. Wie der Film „Pleasantville“ in Originalfassung. Diesen hat das DFF aber im eigenen Archiv „gefunden“. Dort liegt einer 2 x 35 mm Kopie, die nun zur Eröffnung am 13. März direkt im Kino des DFF gezeigt wird.
Das Kino des Bad Nauheimers Speranza wird während der zwei „Schulkinowochen“ sehr voll werden. Weitere Räumlichkeiten und Randzeiten sind Ideen, damit möglichst alle Anmeldungen zur Zusagen werden können. „Wir wollen jeden ins Kino holen und machen nahezu alles möglich“, sagen Caroline Fuchs und Anna Katharina Potzuweit, Projektleiterinnen der „Schulkinowochen“ Hessen. Erstmals ist das Kino-Festival in diesem Jahr barrierefrei. Seh- und Hörgeschädigte können Filme mit Audio- und Videotranskription erleben, Programme sind in leichter Sprache geschrieben, für Menschen mit Rollstuhl wird sogar auf Wunsch eine Tragehilfe angeboten.
Dass mit den „Schulkinowochen“ in Sachen Bildung durch Film noch nicht Schluss ist, bekräftigt Leopold Grün, Geschäftsführer von „Vision Kino“ - Netzwerk für Film- und Medienkompetenz. Er und Michael Jahn organisieren bundesweit die „Schulkinowochen“. Nach dem Festival soll Kino das ganze Jahr über zur Bildung beitragen. „Durch das DFF in Frankfurt und den engagierten regionalen Partnern ist das in Hessen besonders gut möglich“, meinte Jahn. Denn über das DFF steht das mobile Kino dauerhaft zur Verfügung.
Lehrer können am DFF in Frankfurt das ganze Jahr über an Fortbildungen teilnehmen. Schauen können sie die Filme in der Wetterau mit ihren Schützlingen beispielsweise in der „Filmbühne“ Bad Nauheim und dort Nachhaltigkeit leben. Trockenobst in Glasbehältern statt Popcorn oder Limo in Plastik- bechern. „Kino soll kein seelenloser Konsumtempel sein, sondern eine Erlebniswelt zwischen Wachheit und Tagtraum“, meint Speranza.


