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Kultur
Festival erinnertan Hanauer Anschlag
Zum Jahrestag lädt das Frankfurter Literaturhaus zu der Auseinandersetzung mit Rassismus und kultureller Diversität ein.
Fast ein Jahr ist es her, dass neun Menschen bei dem rechtsextremen Anschlag in Hanau starben. Die Erinnerung an diese Tat dürfe nicht aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden, sagt Selma Wels. Gemeinsam mit Benno Hennig von Lange, Literaturvermittler im Literaturhaus Frankfurt, hat die frühere Berliner Verlegerin „Wir sind hier“, ein Festival für kulturelle Diversität, ins Leben gerufen und kuratiert. Zum Jahrestag des Hanauer Anschlags laden von Donnerstag, 18., bis Samstag, 20. Februar, Veranstaltungen in Frankfurt und Hanau dazu ein, sich mit dem Thema Rassismus und der Lebenswirklichkeit von Menschen mit Migrationserfahrungen zu beschäftigen.
Wie sehr Menschen, die einen ausländischen Namen, eine dunklere Hautfarbe oder eine andere Religion als die christliche haben, nicht als Teil der deutschen Gesellschaft wahrgenommen werden, macht die Journalistin Ferda Ataman, Autorin des 2019 erschienenen Buches „Ich bin von hier. Hört auf zu fragen!“ bei der Vorstellung des Festivalprogramms im Frankfurter Literaturhaus am Beispiel der Berichterstattung über das Hanauer Attentat deutlich. „Da heißt es ,Deutscher tötet neun Migranten‘, dabei müsste es heißen ,Terrorist tötet neun Einheimische“, sagt sie, denn alle Opfer hätten hier seit langem gelebt und wären dennoch immer noch als fremd wahrgenommen worden.
Das Festival
Auf dem Programm von „Wir sind hier“, dem Festival für kulturelle Diversität von Donnerstag, 18., bis Samstag, 20. Februar, stehen drei Veranstaltungen im Literaturhaus Frankfurt und eine im Kulturforum Hanau.
Zu den Gästen des Festivals gehören u.a. Ferda Ataman, Michel Abdollahi, Mohamed Amjahid, Idil Baydar, Max Czollek, Alice Hasters, Ronya Othmann und Hengameh Yaghoobifarah.
Alle Veranstaltungen werden grundsätzlich live gestreamt. Wenn es die Corona-Pandemie zulassen sollte, werden in den jeweiligen Veranstaltungsorten Zuschauer:innen zugelassen.
Das gesamte Programm findet sich auf der Home-Page des Frankfurter Literaturhauses. Dort können auch ein Streamingpass für alle Veranstaltungen zum Preis von 10 Euro oder einzelne Streamingtickets zu jeweils 5 Euro erstanden werden. literaturhaus-frankfurt.de
Ataman ist eine von vielen Autor:innen und Gastredner:innen, die bei dem Festival auftreten werden. Manche von ihnen, wie die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und die Kabarettistin und Schauspielerin Idil Baydar, können nicht nur von Rassismus und Ausgrenzung im Alltag erzählen, sondern auch von Bedrohung. Sie stehen auf der Liste des rechtsextremen Netzwerks NSU 2.0.
„Hessen ist durch Hanau, durch den Mord an Walter Lübcke, durch den NSU 2.0 und durch eine Vielzahl weiterer Anschläge zu einem wesentlichen Schauplatz rassistisch motivierter Gewalt geworden“, sagt Karin Wolff, Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main, dem Hauptförderer des Festivals. Um so wichtiger sei es, dass es Formate wie „Wir sind hier“ gebe, die sich damit auseinandersetzten und die Darstellung kultureller Vielfalt stärkten.
Insgesamt drei Veranstaltungen werden im Verlauf des dreitägigen Festivals, das auch vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und von der Stadt Frankfurt gefördert wird, aus dem Frankfurter Literaturhaus im Livestream übertragen, eine weitere aus dem Kulturforum Hanau. „Wir haben mit dem Livestreamen gute Erfahrungen gemacht“, sagt Hauke Hückstädt, Leiter des Literaturhauses, und berichtet von hohen Zugriffszahlen bei den Lesungen der vergangenen Wochen. Sollte es die Entwicklung der Pandemie zulassen, können Besucher:innen eventuell auch in den jeweiligen Häusern mit dabei sein.
Um die Erinnerung an den Hanauer Anschlag auf Dauer zu bewahren, ruft die Festival-Leitung zu einer Online-Aktion auf. In Anlehnung an Heinrich Heines Eingangsvers aus den „Zeitgedichten“ „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ bittet sie Menschen, unter dem Hashtag #denkichanhanau an den Festivaltagen und danach auf einer Plattform ihrer Wahl den Opfern zu gedenken und eigene Meinungen zu formulieren.