Der Fall Wilke: Was die Behörden unternahmen

Im Jahr 2018 sterben zwei Menschen - mutmaßlich durch den Verzehr keimbelasteter Wurst des Fleischherstellers Wilke in Nordhessen. Was die Behörden wann wussten - und welche Schritte sie eingeleitet haben: eine Chronik der Ereignisse.
In den Waren des mittlerweile geschlossenen nordhessischen Fleischherstellers Wilke in Twistetal-Berndorf sind mehrfach Listerien-Keime nachgewiesen worden. Sie werden mit zwei Todesfällen in Verbindung gebracht. Foodwatch will die Veröffentlichung der Namen sämtlicher Abnehmer gerichtlich erzwingen, gegen den Geschäftsführer der Firma wird inzwischen wegen des Anfangsverdachts auf fahrlässige Tötung ermittelt. Wir zeichnen die Chronik der Ereignisse nach.
2018: Zwei Todesfälle, die später mit Keimen aus Wilke-Wurst in Verbindung gebracht werden. Der genaue Zeitpunkt ist unbekannt.
März 2019: In Wurstwaren von Wilke werden Listerien gefunden. Noch ist unklar, ob sie mit den Todesfällen in Zusammenhang stehen. Im April ruft Wilke Ware bei Händlern zurück. Die Öffentlichkeit erfährt davon nichts.
12. August: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit informiert das hessische Umweltministerium über den Verdacht, Wurst von Wilke könnte Listerien des Typs „Sigma 1“ enthalten.
14. August: Der Landkreis kennt die neue Information noch nicht, rückt aber zu einer Routinekontrolle zu Wilke aus – allerdings ohne eine „Abklatschprobe“ (eine Technik, mit der Verunreinigung bestimmt werden können) von Wurst zu nehmen. Es werden keine Mängel festgestellt.
20. August: Das Ministerium gibt die Information über den wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Wurst und Todesfällen weiter an den Landkreis Waldeck-Frankenberg und das Regierungspräsidium Kassel.
26. August: Das Ministerium übersendet Listen der belieferten Händler an das Bundesamt.
28. August: Das zuständige Veterinäramt des Landkreises kontrolliert bei Wilke. Es stellt „nicht unerhebliche hygienische Mängel (Allgemein, Arbeitshygiene, Bauhygiene)“ fest.
5. September: Erste Nachkontrolle des Unternehmens. Dabei wird „festgestellt, dass ein Großteil der Mängel abgestellt war“.
16. September: Das Robert-Koch-Institut hat nachgewiesen, dass Listerien vom Typ „Sigma 1“ aus Wilke-Wurst mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Tod der beiden Menschen und weiteren Krankheitsfällen in Zusammenhang stehen. Das Umweltministerium wird darüber informiert.
18. September: Das Ministerium informiert das Regierungspräsidium Kassel über das Untersuchungsergebnis.
20. September: Telefonkonferenz des Umweltministeriums mit dem Regierungspräsidium Kassel und dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor. Keine Ware darf den Betrieb mehr unkontrolliert verlassen.
24. September: Das Umweltministerium informiert das Sozialministerium über den Prüfbericht des Bundesamtes, aus dem der wahrscheinliche Zusammenhang zwischen dem Keim und den Todesfällen hervorgeht.
25. September: Telefonkonferenz des Umweltministeriums mit dem Landkreis, dem Regierungspräsidium Kassel, dem Landeslabor und der Task Force Lebensmittelsicherheit im Regierungspräsidium Darmstadt.
1. Oktober: Erneute Telefonkonferenz mit den gleichen Behörden. Am selben Tag wird das Unternehmen Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren in Twistetal-Berndorf geschlossen.
8. Oktober: Die Staatsanwaltschaft Kassel gibt bekannt, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer des Wurstherstellers Wilke eingeleitet hat wegen des Anfangsverdachts auf fahrlässige Tötung.
Ein Forscherteam unter Gießener Leitung hat in China eine bislang unbekannte Form der Listerien-Bakterien identifiziert.
Wilke-Skandal: Nur neun der vorgeschriebenen 22 Kontrollen haben stattgefunden
Der Wurstwaren-Hersteller Wilke wurde trotz hoher Risikoklasse zu selten kontrolliert. Wurden die Kontrolleure zudem bei ihren Besuchen getäuscht?