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Fall Lübcke: Neonazi Markus H. sollte V-Mann des Verfassungsschutzes werden

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Von: Pitt von Bebenburg

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Das Haus des Kasseler Regierungspräsidenten.
Das Haus des Kasseler Regierungspräsidenten. © Swen Pförtner/dpa

Der Verfassungsschutz versuchte offenbar die Anwerbung des Tatverdächtigen beim Lübcke-Mord.

Der hessische Verfassungsschutz soll im Jahr 1998 versucht haben, den Rechtsextremisten Markus H. als V-Mann anzuwerben. Dieser habe abgelehnt, berichtet der Norddeutsche Rundfunk (NDR) unter Berufung auf Dokumente des Geheimdienstes. Markus H. ist angeklagt, im Juni 2019 Beihilfe zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke geleistet zu haben.

Markus H. – Verdächtiger im Mordfall Lübcke 

Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wollte zu dem Vorgang auf Anfrage der Frankfurter Rundschau nicht Stellung beziehen. Man bitte um Verständnis, „dass das LfV Hessen zu Details seiner operativen Arbeit aus grundsätzlichen nachrichtendienstlichen Erwägungen keine Presseauskünfte erteilt“, antwortete ein Sprecher der Behörde am Wochenende.

Laut dem NDR-Bericht traf sich ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes im März 1998 zwei Mal mit H. In einem Observationsbericht zu dem zweiten Treffen hätten die Verfassungsschützer notiert, dass der Sachbearbeiter Markus H. von seiner Wohnung in Kassel abgeholt habe und mit ihm zu einem nahegelegenen Café gefahren sei. Dort hätten sich beide knapp drei Stunden lang unterhalten, bis der Geheimdienst-Mitarbeiter den Neonazi wieder nach Hause gefahren habe.

Fall Lübcke: Beuths Antworten im Blick

Die brisante Recherche rückt die Auskünfte von Innenminister Peter Beuth (CDU) im Innenausschuss des Hessischen Landtags in den Fokus. Dort hatte der Minister im November einen gemeinsamen Fragekatalog von SPD, FDP und Linken beantwortet. Sie wollten wissen, ob es „zu irgendeinem Zeitpunkt vonseiten des LfV das Angebot/den Versuch einer Zusammenarbeit“ mit dem mutmaßlichen Lübcke-Mörder Stephan Ernst oder seinem Kompagnon Markus H. gegeben habe.

Beuth antwortete ausweichend, dass „eine Tätigkeit“ der heute Tatverdächtigen als V-Leute des LfV „vollständig ausgeschlossen“ werden könne. Ob es ein Angebot zur Zusammenarbeit gab, beantwortete der Minister nicht in Hinblick auf den Geheimdienst. Er teilte nur mit Blick auf die Polizei mit, es gebe „keine Erkenntnisse“, dass sie den Neonazis ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht habe.

Fall Lübcke: Hessischer Verfassungsschutz bezieht keine Stellung 

Schon damals fügte der Innenminister hinzu, dass „Fragen zur operativen Arbeit des LfV Hessen grundsätzlich im Rahmen der hierfür zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission beantwortet“ würden. Darauf wies ein Sprecher des Innenministeriums am Wochenende auf Anfrage erneut hin.

Die Kontrollkommission tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Parlamentsfraktionen von AfD, FDP und Linken sind in dem Gremium nicht vertreten.

Der FDP-Innenpolitiker Stefan Müller fühlt sich daher unzureichend informiert. „Die Transparenz und Offenheit seitens des Innenministers ist gleichbleibend schlecht“, sagte er der Frankfurter Rundschau am Wochenende. Es werde spannend sein, im bevorstehenden Untersuchungsausschuss „die Gründe zu erfahren, warum man versucht hat, ihn anzuwerben“.

Der Linken-Innenpolitiker Hermann Schaus kam zu dem Schluss, Beuth habe die Frage im Innenausschuss „falsch beantwortet“. Er äußerte den Verdacht, dass die Behörden dem NSU-Untersuchungsausschuss Akten von Ernst und H. vorenthalten hätten, „um genau solche Hintergründe zu verschleiern“.

Fall Lübcke: Die Verdächtigen Ernst und H. 

Der Angeklagte Stephan Ernst wird in unserer Berichterstattung mit vollem Namen genannt, der zweite Angeklagte Markus H. dagegen mit abgekürztem Namen. Grundsätzlich gilt  die Unschuldsvermutung, daher werden in der Regel keine vollen Namen genannt. Dies gestaltet sich anders, wenn eine Tat außergewöhnlich schwer wiegt und der Angeklagte oder sein Verteidiger den Schutz der Identität durchbrechen. Dies ist im Fall von Stephan Ernst der Fall.

Von Pitt v. Bebenburg 

Im Fall Lübcke erhält der Generalbundesanwalt erst nach Monaten interessante Erkenntnisse über die mutmaßlichen Täter Stephan E. und Markus H. aus Hessen. Hessens Innenminister Beuth hat bisher bestritten, dass Markus H. in den Berichten überhaupt vorkommt.

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