Enttäuschte Weltraumbegeisterte in Darmstadt

Der Aktionstag zur Jupiter-Mission der ESA im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt ist bestens besucht. Dann kommt der Startabbruch.
Die Spannung ist groß, das Interesse genauso, die Enttäuschung dann aber viel größer: Der Start der Rakete mit der Jupiter-Raumsonde Juice an Bord ist plötzlich verschoben worden. Dabei hätte es doch so ein aufregender Nachmittag im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt werden können! Dort dreht sich am Donnerstag bei einem Aktionstag alles um die spektakuläre Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA, bei der die Sonde Juice hauptsächlich die Jupiter-Eismonde Ganymed, Europa, Kallisto und Io untersuchen soll.
Landesmuseum Darmstadt zeigt den Livestream des Raketenstarts auf sechs Monitoren
Auf insgesamt sechs Monitoren können die großen und kleinen Weltraum-Begeisterten im Landesmuseum live per Stream verfolgen, was im europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana vor sich geht. Erst mal leider wenig Spektakuläres. Die Ariane-5-Rakete, die den Jupiter Icy Moons Explorer – liebevoll Juice abgekürzt - ins All schießen soll, steht noch wie festgenagelt in der Startrampe.

Immerhin läuft der Countdown schon – nachdem es eine halbe Stunde vorher bereits „Fehlalarm“ in der Menge gab, die sich in einem Vortragsraum im Keller des Landesmuseums zusammenquetscht. Der Countdown wurde eingeblendet, die vielen Kinder vor dem Monitor zählten die letzten Sekunden laut von zehn bis auf null herunter – und dann kam Werbung für die ESA und das Raumtransportunternehmen Arianespace. Des Rätsels Lösung: Es handelte sich nicht um den Start der Rakete, sondern um den Start der ESA-Show, die im Vorfeld lief.
ESA-Experte nennt im Landesmuseum Darmstadt interessante Details zur Juice-Mission
Jetzt also der „richtige“ Countdown. Das Live-Bild von der Rakete in der Startrampe ist wieder da. T minus 28 Minuten, wie Weltraumfans sagen würden. Yves Doat, früher Leiter der Bodenstation der ESA und heute pensioniert, greift sich das Mikrofon, verkürzt die langen Minuten bis zum Raketenstart mit interessanten Details.
Kourou sei so groß wie der Landkreis Darmstadt-Dieburg, erzählt er beispielsweise. Und dass die Rakete 58 Meter hoch und 750 Tonnen schwer ist – wobei ihr „Passagier“ Juice nur sechs Tonnen wiegt und mehr als die Hälfte seines Gewichts Treibstoff ist. Und dass es in Kourou jetzt nicht 14 Uhr, sondern 9 Uhr ist. Und dass es mit der Ariane 5 schon 260 Starts gegeben hat, und das jetzt der vorletzte ist, bevor Ariane 6 in Dienst geht. Und dass die Raumsonde von Darmstadt aus kontrolliert wird – vom dortigen Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC). „Die ESOC ist verantwortlich für alle Telekommandos, die wir an den Satelliten schicken“, sagt er.

„Wenn der Start schiefgeht, wird man es morgen nochmals versuchen, und dann nochmals einen Tag später“, sagt Michael Khan, Missionsanalytiker bei der ESA. Danach aber erst mal nicht mehr, weil die Systeme dann wieder überprüft werden müssen. „Bis Ende April kann gestartet werden“, erklärt er. Hat Khan geahnt, was dann kurze Zeit später Realität wird?
Plötzlich sehen die Raumfahrtfans nur noch ein Standbild auf den Monitoren
Fünf Minuten vor dem Start ist die Rakete in der Startrampe auf den Monitoren plötzlich weg. Stattdessen ein Standbild von ESA Web TV mit dem Schrift „We’ll be back into action very soon“. Alle sind konsterniert und nervös. Wann kommt das Live-Bild wieder?
Es kommt nicht mehr. Stattdessen meldet sich Yves Doat mit einem „Leider, leider ist was schiefgelaufen“. So kurz vor dem Start, das darf doch wohl nicht wahr sein! Fassungslosigkeit im Vortragsraum. „Der Start ist wegen Schlechtwetter abgebrochen“, heißt es. Gewittergefahr zur geplanten Startzeit in Kourou. Der Mensch denkt, und Gott lenkt.
Landesmuseum zeigt erneuten Startversuch für Raumsonde Juice an diesem Freitag
Große Verwirrung und Enttäuschung unter den Anwesenden. Martin Faass, der Direktor des Landesmuseums, beruhigt die Gemüter: „Wir führen die Veranstaltung nochmals durch.“ Um 14.14 Uhr ist an diesem Freitag, 14. April, ein neuer Start der Rakete mit der Raumsonde Juice an Bord geplant – und wieder ist das Landesmuseum dann der angesagte Ort, an dem man für sechs Euro Informationen aus erster Hand von Expert:innen bekommt, wo Wissensdurstige Labsal finden, Kinder ihr Wissen unter Beweis stellen dürfen, Sticker bekommen und Spaß am Raketenbasteln haben.
ESA-Expert:innen werden dann wieder erzählen, dass Jupiter wahrscheinlich 95 Monde hat, dass Juice 21mal an Kallisto, zwölfmal an Ganymed und zweimal an Europa vorbeifliegen und schließlich Ende 2035 auf Ganymed kontrolliert abstürzen wird. Der ESA-Experte wird die Jungen und Mädchen dann wohl wieder fragen, an was man denken müsste, wenn man auf Kallisto eine Astronautenbasis bauen wollte – was vielleicht eines Tages durchaus Realität werden könnte.
Aktionstag zur Juice-Mission im Landesmuseum Darmstadt war bestens besucht
Ob es dann erneut 450 zahlende Erwachsene und Kinder sein werden, die im Landesmuseum in Darmstadt den Raketenstart und die Trennung von Juice von der Rakete miterleben wollen, sei dahingestellt. Für Direktor Faass ist der Donnerstag trotz der Startverschiebung ein Erfolg. „Die Resonanz war super“, freut er sich und betont, dass sein Museum die Kooperation mit der ESA eingegangen sei, weil es durchaus Berührungspunkte gebe. „Wir haben auch Meteoriten in unserer geologischen Sammlung und gehen mit der Entstehung der Welt sehr weit zurück.“ Vor sechs Jahren sei auch schon der Weg der Weltraumsonde Rosetta in einer Ausstellung in seinem Haus dargestellt worden.
