Dietzenbach: Hilfe für Jugendliche ohne große Behörden-Rennerei
Das ämterübergreifende Jugendberatungsbüro RoOF hat in drei Jahren 1100 junge Dietzenbacher:innen gefördert. Nach der Pilotphase wird es nun zu einer Dauereinrichtung.
Viele Menschen kennen das: Wer Hilfsleistungen bei Ämtern beantragt, wird oft von einem Haus zum anderen geschickt. Den Jugendlichen in Dietzenbach bleibt das erspart: Sie gehen einfach ins Jugendberatungsbüro „RoOF“ – und finden dort alles unter einem Dach. Fachleute der Agentur für Arbeit Offenbach, des kommunalen Jobcenters Pro Arbeit und der Jugendhilfe des Kreises Offenbach arbeiten dort seit fast drei Jahren in einem Pilotprojekt räumlich verzahnt zusammen. Die Einrichtung ist evaluiert worden, die Ergebnisse sind so positiv, dass sie nun dauerhaft etabliert wird. Eventuell ist sie auch für weitere Städte im Kreisgebiet vorgesehen.
Dietzenbacher Jugendliche, die im Übergang von der Schule zum Beruf Schwierigkeiten haben oder Hilfe suchen, kommen einfach nur in die Albert-Einstein-Straße 32 in Dietzenbach und finden hinter einer der Türen auf der Etage immer jemanden, der ihnen weiterhilft. „Niemand wird wegen der Zuständigkeiten verschiedener Behörden von A nach B geschickt“, sagt Kreis-Sozialdezernent Carsten Müller (SPD). Das „RoOF“ - abgekürzt für „Richtig orientiert im Kreis Offenbach“ – ist niedrigschwellig, die Türen stehen immer offen. Das Wort ist ans Englische angelehnt: „roof“ heißt übersetzt „Dach“.
Hilfe bei Drogenproblemen
Im Oktober 2018 haben das Arbeitsamt mit der Berufsberatung, die Kreisbehörde Pro Arbeit, zuständig für Langzeitarbeitslose, sowie der Kreis Offenbach mit seiner Jugendhilfe und Jugendberufshilfe ihre Kompetenzen im „RoOF“ gebündelt. Seitdem suchen sie gemeinsam behörden- und institutionsübergreifend nach Lösungen für die jungen Leute, schnüren für sie ein Rundum-Hilfspaket.
das Pilotprojekt
1100 jungen Menschen aus Dietzenbach haben die Fachkräfte des Jugendberatungsbüros „RoOF“ seit Oktober 2018 einen individuellen Weg in die berufliche Zukunft geebnet.
In dem Projekt werden Schulabgänger zwischen 13 und 25 Jahren beraten. Es wurde an den 8. Klassen der Hauptschulen und an den 9. Klassen der Realschulen bekannt gemacht. ann
Wie das „RoOF“ funktioniert, macht Pro-Arbeit-Vorstand Boris Berner klar: „Der Jugendliche kann einfach nur vorbeikommen und sagen, dass er ein Problem hat. Wie wir das dann zuordnen, ist unser Problem.“ Berner spricht von „warmen Fallübergaben“. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin könne vor Ort in Fachfragen an Kolleg:innen abgeben oder eine Person dazu holen. „Auf den Schildern an den Türen steht nicht die Zuständigkeit, sondern nur ,RoOF‘“, sagt Thomas Iser, Chef der Offenbacher Agentur für Arbeit.
Acht Mitarbeiter:innen arbeiten auf dem Stockwerk, vier davon gehören zum kommunalen Jobcenter Pro Arbeit. Bei Themen wie Berufsberatung, Lehrstellensuche, Weiterbildung, Schulbesuch oder Arbeit suchen sie gemeinsam mit den Betroffenen, die oftmals in multiple Problemlagen geraten sind, den besten Weg aus der Krise – hin zum Berufsleben, zur weiterführenden Schule oder zum Studium. Auch bei Themen wie Drogenmissbrauch oder einem hohen Schuldenberg hilft das „RoOF“ weiter, sucht sich Expert:innen aus einem Netzwerk verschiedener Unterstützergruppen.
Die Stadt Dietzenbach wurde laut Müller vor knapp drei Jahren für das Pilotprojekt ausgewählt, weil sie mit Abstand den höchsten Anteil an kinderreichen Familien, sowie die meisten Arbeitslosen und Hartz-IV-Bezieher:innen hat. Die Stadt wurde als Trägerin einer Stelle nachträglich in das Projekt aufgenommen.
Im Herbst 2019 wurde die Arbeit des „RoOF“ knapp ein Jahr lang analysiert. Expertinnen und Experten des Rhein-Ruhr-Instituts für Sozialforschung und Politikberatung und des Instituts Arbeit und Qualifikation – beide gehören zur Universität Duisburg-Essen – untersuchten, wie effektiv das Jugendberatungsbüro ist, und führten Interviews mit den jungen Menschen. Das Konzept sei inhaltlich und operativ überzeugend, generiere einen Mehrwert, hieß es im Abschlussbericht.
Der Kreisausschuss hat deshalb beschlossen, das „RoOF“ zu einer Dauereinrichtung zu machen. „Die Beendigung der Pilotphase hätte zu negativen sozialen Folgen geführt, die wir teuer bezahlen müssten“, so Berner. Es gäbe dann später mehr Hartz-IV-Fälle. Wenn dauerhaft festgestellt werde, dass sich das „RoOF“ lohnt, wolle man es auch auf weitere Städte im Kreis ausweiten, so Iser.