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Die letzten Tage einer Klinik

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Ein Bild, das bald historisch sein wird: Bauleiter Steffen Böhm vor dem OP-Trakt im hinteren Bereich des Klinik-Geländes. hillebrecht (2)
Ein Bild, das bald historisch sein wird: Bauleiter Steffen Böhm vor dem OP-Trakt im hinteren Bereich des Klinik-Geländes. hillebrecht (2) © ahi

Altes Krankenhaus wird abgerissen / 51 000 Tonnen Bauschutt fallen an

BAD HOMBURG - Hohläugig wirkt der breite Bettentrakt des ehemaligen Kreiskrankenhauses, fährt man über die Urseler Straße an ihm vorbei. Die Ruine, die seit dem Umzug der Hochtaunus-Kliniken 2013 leerstand, hat jetzt ihre letzten Tage vor sich. Dass sie abgerissen werden soll, heißt es schon lange. Doch zehn Jahre lang lag das Gebäude im Dornröschenschlaf.

Jetzt geht es aber zur Sache. Das Abbruch-Unternehmen Kolb aus Langen hat das Gelände in ein Geröllfeld verwandelt. Noch steht es da, das Krankenhaus, in dem vermutlich jeder Mensch aus dem Taunus schon einmal war - sei es im Krankenbett oder auf Besuch. Hier haben viele das Licht der Welt erblickt oder selbst Kinder bekommen; hier wurden der Blinddarm oder die Gallensteine entfernt, das Bein geschient und die Oma abgeholt.

Seine medizinische Würde hat das Bettenhaus längst verloren. Sämtliche Vorbauten sind schon weg. Auf dem einstigen kleinen Parkplatz stehen Schuttcontainer; hinter dem Haus türmen sich große und kleine Geröllbrocken, Haufen mit dem Metall einstiger Geräte und Schächte; am Rand fein gestapelt die gefällten Baumstämme und Äste. Das Gebäude selbst wurde gemäß einem Gutachten komplett entkernt; letzte Arbeiten von Hand oder mit kleinem Gerät laufen derzeit im Innern. Weil der Schutt sortenrein entsorgt werden muss, werden die Dämmmaterialien unter dem Estrich und in der Decke sowie die Dachabdichtungen vor dem großen Abbruch entfernt. Hier waren künstliche Mineralfasern verbaut. „In 14 Tagen wollen wir mit dem Abbruch beginnen“, sagt Kolb-Bauleiter Steffen Böhm und zeigt auf das siebenstöckige Hauptgebäude.

Doch auch dies wird nicht auf einen Schlag, sondern Stück für Stück vor sich gehen. Ein Longfront-Bagger mit einem bis zu 36 Metern ausfahrbaren Arm wird die Ruine von oben nach unten „scheibchenweise“ abknabbern. Das Gerät steht schon auf dem Gelände und hat bereits bei der Entkernung Container an den Fenstern der oberen Stockwerke bereitgestellt. Fünf kleinere Bagger werden ihm zuarbeiten. Bis Juli soll das Hauptgebäude verschwunden sein. In den nächsten Tagen schon wird der OP-Trakt hinter dem Gebäude verschwinden.

Die Bauteile werden von oben zwar kontrolliert fallen; Lärm und Staub wird es trotzdem geben. Um die Anlieger ringsum möglichst wenig zu belästigen, so Böhm, „arbeiten wir uns von der Jacobistraße zur Taunusstraße vor“. Die Nebengebäude bleiben noch als Schallschutz stehen, bevor auch sie in einem zweiten Bauabschnitt, also wohl im Herbst, abgetragen werden. Dabei handelt es sich um die Häuser „Schlesien“ und „Pommern“, in denen früher Krankenschwestern und zuletzt Flüchtlinge gewohnt haben, sowie das hohe „Haus Berlin“ an der Ecke Hessenring/Taunusstraße; dort sind die letzten Geflüchteten Ende Dezember ausgezogen.

Damit der Schulweg vieler Jugendlicher zum Humboldt-Gymnasium möglichst wenig von Schutt-Lkw gekreuzt wird, hat die Firma Kolb eine Baustraße auf dem Gelände angelegt und stellt dieses nun auf Wunsch der Schulleitung vom Hessenring/Ecke Taunusstraße zur Verfügung. Insgesamt, hat Böhm ausgerechnet, fallen 179 000 Kubikmeter umbauter Raum. 51 000 Tonnen an mineralischem Bauschutt werden direkt auf dem Gelände zunächst zerkleinert und dann in verschiedene Container geladen. Metalle werden später mit dem Magnet extrahiert. Ein Teil des Bauschutts wird aber auch in Löcher im Boden verfüllt, die entstanden sind, als Keller entfernt wurden. „Die großen Bagger brauchen einen festen Untergrund, wenn sie möglichst nah ans Hauptgebäude heranfahren“, erklärt der Bauleiter.

2015 für Flüchtlinge umgebaut

Schadstoffe habe man nur wenige gefunden, so Böhm. Die wurden offenbar schon 2015 entfernt; da wurde das leere Krankenhaus als Erstaufnahme für Flüchtlinge hergerichtet - dafür hat das Land Hessen mindestens 5, laut TZ-Info sogar 11 Millionen Euro bezahlt. Als der Flüchtlingsstrom abebbte, war das Gebäude nur noch als Reserve vorgesehen, kam aber nie zum Einsatz.

Nach und nach wird das Gebäude nun abgetragen.
Nach und nach wird das Gebäude nun abgetragen. © ahi

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