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Die letzten Flaschen Bier aus Pfungstadt

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Von: Annette Schlegl

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Ein Bild aus besseren Tagen: Braumeister Alexander Grünewald (l.) und Inhaber Uwe Lauer.
Ein Bild aus besseren Tagen: Braumeister Alexander Grünewald (l.) und Inhaber Uwe Lauer. © Michael Schick

Die letzten Flaschen Bier wurden in der Pfungstädter Brauerei abgefüllt. Damit endete die Brautradition in Pfungstadt. Die Brauerei Eder & Heyland übernimmt nun die Herstellung.

Das Ende einer Ära: In der Pfungstädter Brauerei sind am gestrigen Freitag die letzten Flaschen Bier abgefüllt worden. Die Biermarke wird es zwar auch in Zukunft geben, aber der Gerstensaft wird dann nicht mehr im südhessischen Pfungstadt, sondern im unterfränkischen Großostheim produziert. Damit ist eine fast 200-jährige Brautradition in Pfungstadt vorbei.

„Das war es dann in Pfungstadt mit Bier“, sagt Brauerei-Geschäftsführer Peter Winter. Am gestrigen Freitag wurden noch einmal – wie bisher täglich üblich – rund 250 000 Flaschen abgefüllt. Das war Bier, das bereits Ende Februar gebraut wurde und bis gestern gegärt und gereift ist.

Brauerei in Großostheim produziert jetzt Pfungstädter Bier

In den kommenden Tagen soll der Abbau der Maschinen beginnen; das Sudhaus, die Tanks und die Abfüllanlagen werden verkauft. Interessenten gebe es bereits, so Winter. Die Gebäude auf dem rund 45 000 Quadratmeter großen Areal werden abgerissen – bis auf ein paar wenige, die unter Denkmalschutz stehen. Der Unternehmer Daniel Hopp, ein Sohn des SAP-Gründers Dietmar Hopp, will dort ein Wohnquartier errichten; er hatte das Gelände im Juli 2020 gekauft.

Die Brauerei Eder & Heylands in Großostheim wird nun das Pfungstädter Bier brauen. Die Pfungstädter Brauerei hat mit dem 45 Kilometer entfernten Familienunternehmen, das das bekannte „Schlappeseppel“-Bier herstellt, einen Lohnbrau- und Lohnabfüllvertrag geschlossen, der ab 1. April gilt. Das Hufeisen-Emblem, das vor mehr als 175 Jahren aus dem Pfungstädter Stadtwappen übernommen wurde, wird auch künftig die Etiketten zieren. „Als Abfüllort steht dann halt Großostheim drauf“, so Winter.

Rezeptur von Pfungstädter Bier bleibt beim Brauen in Unterfranken gleich

„Eder braut nach unseren Vorgaben und unserer Rezeptur“, sagt er. Das heißt: nach dem gleichen Mischverhältnis und mit den gleichen Temperaturen. Eder & Heylands kaufe zwar künftig das Malz und den Hopfen ein, „aber der Hopfen ist der Gleiche, den wir verwendet haben, und die Malzlieferanten sind die gleichen wie die, die wir die vergangenen Jahre hatten“, so der Geschäftsführer. Wann genau das Großostheimer Unternehmen erstmals braut und abfüllt, vermochte er nicht zu sagen. „Das richtet sich nach unserem Bedarf.“ Der Produktionsübergang werde aber nahtlos sein.

Ein starkes Stück Stadtgeschichte ist in Pfungstadt am Freitag zu Ende gegangen.
Ein starkes Stück Stadtgeschichte ist in Pfungstadt am Freitag zu Ende gegangen. © Annette Schlegl

Den Vertrieb an die Gastronomie und den Handel übernimmt Eder & Heyland nicht. Uwe Lauer, Eigentümer der Pfungstädter Brauerei, hat eigens dafür eine Vertriebsgesellschaft gegründet, „weil der Name Pfungstädter Brauerei ja nur noch zur Abwicklung der Braustätte genutzt wird“, so Winter. Das Absatzgebiet bleibe das Gleiche, „nur die Herstellung ist ein paar Kilometer weiter weg“.

Zum 1. April gehen die meisten Beschäftigten der Pfungstädter Brauerei

Wie viel die Pfungstädter Brauerei dafür zahlt, dass die Großostheimer ihr Bier brauen, will der Geschäftsführer nicht offenbaren. „Wir nennen keine Zahlen“, sagt er. Das Bier verteuere sich deshalb aber nicht. Man müsse ja kein Geld mehr für Energie und Rohstoffe ausgeben, rechnet er vor. Auch die Ortsverlagerung werde sich bei den Preisen nicht niederschlagen.

Einige der 70 Beschäftigten, die die Brauerei zum Jahresende hatte, seien schon weg und hätten neue Stellen angetreten, sagt Winter. Der Großteil der Belegschaft gehe zum 1. April. Nur wenige Beschäftigte – vor allem jene mit langer Betriebszugehörigkeit – seien dann für Aufräum- und Reinigungsarbeiten noch da. Ein paar Brauer werden künftig in Großostheim arbeiten. Er selbst werde wohl in Pfungstadt bleiben, so Winter. Die Organisationsarbeit werde für ihn nämlich nicht weniger: Der Betrieb muss übergeben, die Maschinen müssen abgebaut und verkauft, die Liefermengen auch künftig geplant und abgestimmt werden.

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