Der 25. Konvoi von Hessen Richtung Kriegsgebiet

Helferinnen und Helfer haben dieses Mal ein Feuerwehrauto, ein Polizeiauto und Hilfsgüter in die Ukraine gebracht
Tobi Tänzer setzt „Kuhraffe“ direkt an die Scheibe des 30 Jahre alten Feuerwehrwagens, der maximal 95 Kilometer pro Stunde auf die Straße bringt und eine frisch gewartete Pumpe dabei hat. „Kuhraffe ist unser Maskottchen“, sagt der Mann, der bei der Frankfurter Polizei im Bereich Verkehrserziehung arbeitet, lachend. „Man braucht keinen Grund, wenn man einen kleinen Teil für eine bessere Welt beitragen will“, erklärt er vor der Abfahrt des 25. Konvois der „Ukrainehilfe Birstein und Brachttal“ im Main-Kinzig-Kreis seit dem Beginn des Angriffskrieges durch Russland.
Ein silberner VW mit Blaulichteinrichtung parkt neben dem Feuerwehrauto. Vollgepackt mit ballistischen Westen und Kartons voller warmer Kleidung. „Die Kleidung haben Polizei-Kollegen privat gespendet. Der ausgemusterte Streifenwagen, die Westen und Taschenlampen kommen von der hessischen Polizei“, sagt Oliver Heß, der im Polizeidienst für die Social-Media-Abteilung im Polizeipräsidium arbeitet. Er ist zum dritten Mal bei der Tour dabei. „Nicht nur reden, sondern machen“, ist seine Devise.
Die „Polizei“-Folierung auf dem Wagen ist ab, in der Frontscheibe steckt ein Schild mit der Aufschrift „Human-Aid-Transport“ auf blau-gelbem Hintergrund. „Humanitäre Hilfe wird dringend gebraucht“, wissen die freiwilligen Helfer:innen.
Bereits am frühen Morgen ist ein Konvoi ab Brachttal mit sechs Personen nach Polen aufgebrochen. Mit 20 Paletten voller Hilfsgüter, die ab dort von UAid Direct und Helpchain ins Kriegsgebiet und in Flüchtlingseinrichtungen in der Ukraine gebracht werden.
Christian Klas ist seit Anfang an einer der Organisator:innen der Transporte und zum siebten Mal in seiner Freizeit mit auf der langen Hilfstransport-Tour. Auch er arbeitet bei der Frankfurter Polizei und bildet Führungskräfte aus. „Die Stimmung ist hervorragend“, sagt er glücklich nach der Übergabe. „Lebensmittel, Decken, Kleidung, Seniorenartikel, Elektrobedarf, Kochutensilien, Hygiene- und medizinische Artikel sind gut angekommen und gehen direkt an Menschen, die es so dringend brauchen.“ Auch in seinem Konvoi fahren zwei weitere Polizisten mit.
Seit Kriegsbeginn haben 92 freiwillige Helfer:innen 64 Transporter voller Soforthilfe von hier aus in die Ukraine gebracht. Im vergangenen März hat die hessische Polizei 13 ausrangierte Polizeiautos gespendet, die seither bei der Polizei in der Ukraine im Einsatz sind. Klas und Heß waren auch bei dieser Tour dabei.
Während Klas bereits mit seinem Konvoi in Polen ist, werden Heß, Tänzer und sieben weitere Freiwillige vor der Fahrt durch die Nacht über Tschechien nicht nur mit würzigem, frisch gekochtem Borschtsch aus Kartoffeln, Roter Bete, Weißkohl, Zwiebel und „ganz viel Dill“ von Ukrainerinnen vor der Abfahrt überrascht, sondern auch von dem ukrainischen Konsul Sergij Dragan, der den unermüdlichen Helfer:innen gerührt dankt. „Ohne die große Unterstützung von Ihnen allen wäre der Kampf gegen Russland kaum vorstellbar. Der Feuerwehrwagen und der Streifenwagen sind so dringend nötig. Jeder Transport hilft.“
Dragan bedankt sich auch für die Inverter-Generatoren, die an Bord der vier Transporter für die Polizei in der Ukraine sind. Dafür hat das Hessische Präsidium für Technik (HPT) 750 Euro gespendet, 2600 Euro kamen aus Geldspenden der Ukrainehilfe Birstein und Brachttal dazu, die International Police Association (IPA) Frankfurt hat ebenfalls zwei Geräte aus Spenden finanziert und ein pensionierter Polizist aus Hanau hat einen weiteren Generator gespendet, damit die Polizei auch bei Stromausfall arbeiten kann. Die sieben Fahrer wechseln sich ab auf der langen Strecke.
Nach 14 Stunden Fahrt durch schneebedeckte Landschaft treffen sie ihre Kolleg:innen vom Frühtransport in der Slowakei, um gemeinsam die Fahrzeuge für die Feuerwehr und die Polizei zu übergeben. Dazu Seife, Desinfektionsmittel und Einweghandschuhe für Krankenhäuser und Lazarette im ukrainischen Cherson. „Der Kontakt zu den Krankenhäusern kam über die Organisation ‚Frankfurt for Ukraine‘ zustande“, sagt Klas.
Lange Pausen sind nicht möglich. Die Arbeit zu Hause ruft. Die 13 Leute machen sich auf den Rückweg und fahren im Wechsel. „Kuhraffe“ bleibt bei den Helfer:innen. Sie sind müde, aber glücklich, dass sie die Not etwas lindern konnten. Jetzt sammeln sie wieder für die nächste Tour. Solange es nötig ist, sagen sie.