Zoo in Darmstadt: Die Reptilien-Versteherin

Wenke Heuser ist neue Zoo-Tierärztin für Echsen, Schlangen und Schildkröten im Vivarium Darmstadt. Selbst Giftschlangen lassen sie kalt.
Adam ist ein Riese. Zwar ist ihm Rechnen – im Gegensatz zu seinem Namensvetter – völlig egal, aber dafür hat er in Sachen Gewicht einiges zu bieten: mehr als 230 Kilogramm bringt die Seychellen-Riesenschildkröte aus dem Vivarium auf die Waage. Allerdings wirkt Adam gerade etwas weniger majestätisch, denn dem Reptil steckt vermutlich etwas im Halse fest. Tierärztin Wenke Heuser untersucht ihn besorgt und bespricht gemeinsam mit den Tierpflegerinnen das weitere Vorgehen.
Die Veterinärin mit eigener Praxis in Seeheim-Jugenheim ist die neue Tierärztin für Reptilien und Vögel im Darmstädter Zoo. Schon als Kind war sie begeisterter Dinosaurier-Fan, den Vorfahren von Echsen, Schlangen und auch Vögeln, und da war schnell klar, wo der tiermedizinische Schwerpunkt liegen soll. „Die Schildkröten sind einfach faszinierend“, begeistert sich Heuser. „Die sind schon seit Urzeiten auf diesem Planeten und können ohne Probleme 150 Jahre alt werden.“
Doch auch die Boas haben es ihr angetan, auch wenn es nicht immer pure Freude ist, einer schlecht gelaunten Teppichpython von vier Meter Länge eine Spritze zu verpassen: „Da braucht man pro Meter Schlange eine Person, die hält, sonst hat der sich ruckzuck um einen herumgewickelt. Der würde mich wahrscheinlich nicht essen wollen, aber es reicht ja schon, wenn er einem den Arm abdrückt.“
Angst hat Wenke Heuser nie, aber Vorsicht ist die Mutter des Terrariums, oder so ähnlich. „Wenn die auf Krawall gebürstet sind, dann macht eine Schlange meist schon ein S mit ihrem Kopf. Da wirft man am besten mal vorher ein Tuch drüber.“
Festhalten müssen ohnehin die Tierpfleger, deshalb ist gute Kommunikation das A und O. „Bei Giftschlangen arbeitet man mit dem Schlangenhaken und schiebt den Kopf in eine Röhre, damit die Giftzähne gesichert sind“, erklärt die Schlangenexpertin.
Ins Maul schauen, wie beim Pudel oder der Hauskatze in der heimischen Praxis geht natürlich nicht, aber die Arbeit einer Tierärztin muss eben auch flexibel gestaltet werden: „Vogelspinnen brechen sich häufiger mal ein Bein. Dann kann man das Bein oben am Gelenk wegknicken und dann wächst das mit jeder Häutung nach.“
Gefährlich seien selbst große Spinnen übrigens sehr selten. Die größte Gefahr bestehe darin, dass man vor Schreck ohnmächtig wird und dann unglücklich stürzt. Schlangen, Spinnen, Echsen und Krokodile, also die Tiere, die bei vielen Menschen Panik oder Ekel auslösen, schenken Wenke Heuser vor allem Glücksgefühle, und sie entdeckt bei jedem Zooinsassen einen individuellen Charakter, besonders bei den Riesenschildkröten.
Zwar hält „Porsche“ nicht, was sein Name an Schnelligkeit verspricht, aber „Adam ist immer schnell sehr motzig, während Mike es liebt, gestreichelt zu werden. Nina ist extrem neugierig und Cindy ziemlich aufgeschlossen.“
Egal, ob Verdauungsproblem, Viruserkrankung, Hautirritation oder Atemwegsinfekt, die Tierärztin kümmert sich um alles und assistiert sogar als Geburtshelferin: „Ich habe einem unserer acht Krokodilbabys aus dem Ei geholfen. Das steckte in der Schale fest.“
Klingt wie ein Traum, zumindest für Krokodilliebhaber. Aber einen Wehrmutstropfen gibt es doch, denn als absoluter Fan der Tapire, muss Wenke Heuser diese Tiere ihrem Kollegen Thomas Fischer überlassen, denn der ist im städtischen Zoo für die Säugetiere zuständig.