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Teures Wohnen in Darmstadt: Enteignung und Mietendeckel gefordert

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Von: Claudia Kabel

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In der Lincoln-Siedlung sind teure, aber auch Sozialwohnungen entstanden.
In der Lincoln-Siedlung sind teure, aber auch Sozialwohnungen entstanden. © Rolf Oeser

Jusos, Fridays for Future und Grüne Jugend wenden sich gegen immer höhere Mieten in Darmstadt. Jede:r Fünfte in der Stadt zahlt mehr als die Hälfte seines Einkommens für Miete.

Darmstadt ist die Nummer eins der Großstädte, in denen „die meisten Menschen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete ausgeben“. Dies ergab eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die bereits im vorigen Sommer erschien. Jetzt geriet das Thema in die sozialen Medien und veranlasste mehrere Darmstädter Jugendorganisationen, sich an die Öffentlichkeit zu wenden.

„Darmstadt wird mehr und mehr zu einer Stadt für Reiche und Wohnen zu einem Luxusgut“, schreiben die Darmstädter Jungsozialist:innen (Jusos), die Jugendorganisation der SPD. Prozentual geben Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen am meisten für ihre Miete aus. Die Politik des Magistrats, etwa den Marienplatz an einen Spekulanten zu verkaufen anstelle des Bauvereins, befördere den Mietanstieg, statt ihn zu stoppen. Dazu gehöre, „Bauflächen ausschließlich an den Bauverein zu verkaufen, einen Mietendeckel einzuführen und Enteignungen durchzuführen“, so Juso-Vorsitzender Rodan Zeybek.

Darmstadt: Fridays für Future fordert Sanierungsfahrplan vom Bauverein

Fridays-for-Future fordert: „Wir brauchen eine Gebäudewende, um der Klimakrise auch auf lokaler Ebene zu begegnen.“ Dies könne keinesfalls auf den Rücken der Mieterinnen und Mieter ausgetragen werden, sagt Sprecherin Selma Hieke. Die Mieten in Darmstadt explodierten, die notwendige Transformation zum klimagerechten Gebäudesektor werde verschlafen. So habe der Bauverein immer noch nicht seinen Sanierungsfahrplan für 2035-Klimaneutralität veröffentlicht.

Und die Grüne Jugend betont, es müsse neuer, bezahlbarer Wohnraum her. Dazu brauche es eine Ausweitung der Fördermittel, eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und ein soziales Bodenrecht. „Bund, Länder und Städte müssen sich ihrer Verantwortung als Anbieter günstiger, öffentlicher Wohnungen bewusst werden“, sagt Luisa Heim für die Grüne Jugend.

Stadt der Reichen

Laut Studie der Hans Böckeler Stiftung zahlten 2018 insgesamt 58,69 Prozent der Menschen in Darmstadt mehr als ein Drittel ihres Einkommens für Miete. 20,88 Prozent zahlen sogar mehr als 50 Prozent. So viele wie in keiner anderen Großstadt.

2020 lag die Durchschnittsmiete pro Quadratmeter bei 9,18 Euro pro.

Der Bauverein verfügt in Darmstadt über circa 10 500 Wohnungen, davon sind 45,6 Prozent sozial gefördert. cka

Bürgermeisterin verweist auf „Wohnungspolitisches Konzept“

Bei der Stadt sieht man sich mit Verweis auf das 2019 erarbeitete „Wohnungspolitische Konzept“ gut aufgestellt. So trage Darmstadt weit mehr als andere Gebietskörperschaften zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums bei, teilte Bürgermeisterin und Wohnungsdezernentin Barbara Akdeniz (Grüne) auf FR-Anfrage mit.

Durch die Bemühungen zur Erlangung neuer Belegungsbindungen für Sozialwohnungen seien zum Beispiel 2019 Bindungen für 129 Sozialwohnungen und im Jahr 2020 insgesamt 269 Belegungsbindungen geschaffen worden. Auch habe die Stadt ihren Wohnungsbestand entgegen dem Bundestrend nicht an private Investor:innen veräußert, sondern an die städtische Tochter Bauverein AG abgegeben.

Darmstadt: 45 Prozent geförderter Wohnungsbau bei Neubauten

Bereits 2017 habe man einen „Quotenbeschluss zum sozial geförderten Wohnungsbau für den Neubau“ beschlossen, wodurch 25 Prozent neuen Wohnraums für Haushalte mit geringen Einkommen und 20 Prozent für Haushalte mit mittleren Einkommen zu errichten sind.

Laut Akdeniz greift zur Marktstabilisierung auch die Kooperationsvereinbarung mit dem Bauverein, die eine Begrenzung von Mieterhöhungen auf ein Prozent regele. Eine weitere Regulierung der Mietpreise erhofft sich die Bürgermeisterin von der Schaffung von Wohnraum für geringe und mittlere Einkommen im Ludwigshöhviertel, auf dem Marienplatz, dem Messplatz oder in der Starkenburgkaserne.

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