Ober-Ramstadt: Überlebenskampf in den Trümmern von Malatya

In Ober-Ramstadt sorgen sich viele Türkischstämmige um ihre Verwandten in der ostanatolischen Erdbebenregion Malatya. Hilfslieferungen werden vor Ort organisiert.
Die Lage im türkischen Erdbebengebiet ist zum verzweifeln und hier in Deutschland bangen derzeit viele Menschen um das Schicksal ihrer Angehörigen vor Ort, viele haben Verwandte verloren. „Auch die, die nicht unter den Trümmern liegen, kämpfen jetzt um ihr Überleben“, sagt Melda K. (Name geändert). Die türkischstämmige Ober-Ramstädterin berichtet der FR am Dienstag per Telefon, was sie von der Situation in Malatya weiß, einem der stark betroffenen Gebiete.
„Die Kinder sind bei Minusgraden ohne Schuhe, die Menschen haben keine Kleidung und können nicht einmal Zelte aufstellen, weil sie die Städte verlassen sollen“, sagt Melda K., die sich mit ihren Cousins und Cousinen per Textnachrichten regelmäßig austauscht. Glücklicherweise habe sie dort niemanden verloren, von ihren Verwandten in anderen Städten wisse sie noch nicht, ob es Tote gebe. Die Handynetze seien überlastet, die Menschen hätten oft keine Möglichkeit, ihre Geräte aufzuladen.
Ihre Verwandten in Malatya dürften nicht in ihre Häuser, da diese wegen Einsturzgefahr gesperrt seien. Sie könnten deshalb weder ihre Papiere noch Geld oder das Lebensnotwendigste herausholen. Ihre Angehörigen wollten nun Richtung Westtürkei zu K.s Eltern fliehen – doch um die 1200 Kilometer zurückzulegen, bräuchten sie Sprit, für den sie kein Geld haben. Und ohne Papiere sei es sehr schwierig, in der Türkei durchzukommen. Malatya sei dabei nur eine der Großstädte, aus denen die Opfer nun fliehen sollten.
Erdbeben in der Türkei: Viele Ober-Ramstädter stammen aus der Region Malatya
Etwa 80 Prozent der türkischstämmigen Menschen in Ober-Ramstadt (Landkreis Darmstadt-Dieburg) stammen aus dem Ort Fethiye in der ostanatolischen Provinz Malatya. Wie Abuseyf Kikim. „Ich stehe beinahe stündlich mit meinen Verwandten in Kontakt“, sagt der Gemüsehändler. Sein Cousin habe die Nacht mit zwei kleinen Kindern im Auto verbracht. Kikim ist Mitbegründer des alevitischen Vereins in Darmstadt. Aleviten sind eine Religionsgemeinschaft in der Türkei, die den Koran liberal auslegen. In Deutschland sind sie teilweise in der vierten Generationen ansässig. Der alevitische Verein hat auf seiner Facebookseite einen Spendenaufruf für die Opfer gestartet.
Helfen
Der Malteser Hilfsdienst sammelt Geld unter IBAN: DE10 3706 0120 1201 2000 12 S.W.I.F.T.: GENODED 1PA7
Stichwort: „Erdbeben Türkei/Syrien“
Die Alevitische Gemeinde und Cemevi Darmstadt e.V. – DAAKM hat auf Facebook einen Spendenaufruf gestartet: IBAN: DE46 3806 0186 6401 4060 32 BIC: GENODED1BRS
Die Fethiye Vereinigung in Ober-Ramstadt sammelt Spenden. Kontakt: Telefon: 06154 / 6386520
Erdbeben in der Türkei: Soforthilfe organisiert
Auch die Stadt will sich engagieren. Bürgermeister Tobias Silbereis (parteilos) sagte der FR, er stehe in Kontakt mit der hiesigen Fethiye-Vereinigung. Diese habe am Montagabend ihre Mitglieder zusammengerufen. Man kläre derzeit, welche Hilfe möglich sei und wie man diese in die Region bringen könne. Vor Ort müsse die Annahme und Verteilung der Güter geregelt werden. Auch denke man daran, mit türkischen Speditionen zusammenzuarbeiten, die auf dem Rückweg Hilfsgüter transportieren könnten.
Bereits am Dienstagabend sollten indes Spenden mit Lebensmitteln ankommen, die die Fethiye-Vereinigung über eine spontane Geldsammelaktion in einem Supermarkt, 100 Kilometer von Malaya entfernt, hat kaufen lassen, wie Murat Ilhan vom Verein berichtet.
Man werde auch noch Kleidung, Schuhe, Decken und Schlafsäcke sammeln. Der Transport dauere jedoch lange und die Menschen bräuchte sofort Hilfe. „Die Lage ist katastrophal.“