Neuer Supercomputer in Darmstadt: Beschleuniger für Künstliche Intelligenz

Hessen will sich als Standort für Künstliche Intelligenz profilieren. In Darmstadt wurde dafür jetzt ein neuer Superrechner eröffnet. Firmen können darauf Anwendungen entwickeln.
Es rauscht und surrt und brummt auf der 400 Quadratmeter großen dritten Etage im Green IT Cube des GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Silbern glänzender Metallboden, Spindschrank reiht sich an Spindschrank. Darin verborgen 79 sogenannte Rechenknoten mit insgesamt 632 Grafikprozessoren, alles zusammen ist die Hardware des neuen KI-Superrechners zwölf Tonnen schwer und bietet einen Speicherplatz von einem Petabyte (also 1024 Terabyte). Mehrere Kilometer Kabel wurden verlegt, um die einzelnen Komponenten zu verschalten.
Wir befinden uns im neuen KI-Innovationslabor des Hessischen Zentrums für Künstliche Intelligenz (hessian.AI). Es ist „deutschlandweit einzigartig“ und habe das Potenzial Hessen zum „Silicon Valley Europas“ zu machen, sagte Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU), die am Montag bei der Eröffnung vor Ort war. Es soll eine Anlaufstelle für Unternehmen, Start-Ups und Wissenschaft sein mit dem Ziel Zugang zu einer „KI-Supercomputer-Infrastruktur“ zu ermöglichen. Zur Unterbringung schloss die Technische Universität (TU) Darmstadt eine Vereinbarung mit dem Helmholtzzentrum, um den wassergekühlten Green IT Cube zu nutzen – ein sechsstöckiges Rechenzentrum, das für seine Nachhaltigkeit den blauen Umweltengel erhielt.

Das Land Hessen fördert das Projekt mit zehn Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die Kosten des Projekts auf 14,5 Millionen Euro, wie Wolfgang Stille, Fachlich technischer Koordinator von hessian.AI der Frankfurter Rundschau sagte.
KI-Superrechner in Darmstadt: Größte nicht-kommerzielle Infrastruktur Deutschlands
In Deutschland ist es laut Mira Mezini, Co-Direktorin von hessian.AI, die größte derartige nicht-kommerzielle Infrastruktur. Dass es sich in Nachbarschaft zur derzeit entstehenden Teilchenbeschleunigeranlage Fair befindet, betrachtet sie symbolisch: „Auch die KI braucht Beschleuniger.“

Führend in der Forschung zur Machinenintelligenz ist die TU Darmstadt, die auch hessian.AI leitet. TU-Präsidentin Tanja Brühl will nun diese Forschung „in die Breite tragen“, wie sie sagte. Kleine und mittlere Unternehmen könnten sich diese sonst nicht leisten. Als Universität wolle man zudem erfahren, welchen Bedarf die Wirtschaft an die Forschung habe. Lösungen für globale Herausforderungen könnten so entwickelt werden.
KI-Ökosystem
In Darmstadt siedeln eine ganze Reihe von Institutionen, die sich der Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz widmen. Zum Beispiel hessian.AI, ein Zusammenschluss von 13 Universitäten und Hochschulen, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz oder das Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung. Bezeichnet wird dies als „Darmstädter KI-Ökosystem“.
An diesem Donnerstag wird in Darmstadt ein weiteres Labor für Künstliche Intelligenz offiziell eröffnet: Das Labor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit Sitz in Darmstadt. Hier steht bereits seit einem Jahr die Grundlagenforschung im Mittelpunkt. Das Land fördert das Labor mit sechs Millionen Euro.
Am Montag wurde das KI-Innovationslabor von hessian.AI eröffnet, das auf dem Gelände des GSI Helmholtzzentrum untergebracht ist. Dort stehen die KI-Rechner vor allem Unternehmen und Start-Ups zur Verfügung. Das Land fördert das Labor mit zehn Millionen Euro. cka
KI-Superrechner in Darmstadt: Anwendungen für autonome Drohen und Biochemie
Laut Stille, der die Hardware geplant und aufgebaut hat, ist die Kapazität ausreichend um darauf Anwendungen wie Chat-GPT laufen zu lassen. Die Einheit könne je nach Umfang eines Vorhabens komplett genutzt werden oder auch nur in Teilen. Ab sofort können Firmen aus Hessen, sowie aus ganz Deutschland, neue KI-Anwendungen in Darmstadt entwerfen, trainieren und testen.

Zum Beispiel für autonome Drohnen. Das Weiterstädter Start-up Wingcopter gehört zu den ersten Interessenten, die zur Eröffnung gekommen sind. Es baut Drohnen, die bereits während der Corona-Pandemie in Afrika Medikamente und Corona-Tests auslieferten, sagt Nils Gählert, Leiter des Entwicklungsteams. Solche Fluggeräte müssten entscheiden können, wann und wo sie landen dürfen, ohne Menschen zu gefährden. In Deutschland seien jedoch die Regularien, anders als etwa in Afrika, sehr streng. Um eine KI darauf zu trainieren, müssten große Datenmengen an Videoaufzeichnungen von Landschaften ausgewertet werden. Diese Rechenleistung verspricht man sich im neuen Innovationslabor nutzen zu können.

Die Firma Döhler aus Darmstadt setzt Algorithmen ein, um Lebensmittelzusatzstoffe zu entwerfen. Zum Beispiel, um den Geschmack von Hafermilch zu verbessern, sagt der Leiter der Konzerntechnik Julian Aschoff. Kombiniert würden 8000 verschiedene Inhaltsstoffe. Außer der dafür benötigten Rechnerleistung des neuen Labors sei es auch äußerst wichtig, dass kritische Daten und Rezepte sicher gespeichert werden könnten. Auch Joseph Heenaen, Geschäftsführer der Proteineer GmbH aus Heusenstamm hat große Hoffnungen. „Wir setzen KI ein, um riesige Datenmengen zu nutzen, um neue Enzyme zu entwickeln.“ Diese werden zur Herstellung von Medikamenten oder Wirkstoffen verwendet, auch eine neue Variante von Bakterien habe man bereits entwickelt. Je effizienter Enzyme seien, desto mehr Energie könne bei der Produktion gespart werden. Ohne KI sei dies nicht zu bewältigen. Proteineer-Chef-Wissenschaftler Johannes Kabisch sagt, „die Rechenknoten und Grafikprozessoren im Innovationslabor werden uns helfen, diese Entwicklung deutlich zu verbessern und zu beschleunigen.“
KI-Superrechner in Darmstadt: Wettbewerbsvorteil für Start-Ups
Einig sind sich die anwesenden Vertreter der Unternehmen nicht nur darin, dass ihnen der KI-Superrechner einen großen Wettbewerbsvorteil beschert, sondern auch, dass uns durch die künstliche Intelligenz in naher Zukunft eine regelrechte Explosion an neuen Erkenntnissen und Erfindungen bevor steht.
Auch Wianco Ott Robotics aus Seeheim-Jugenheim wollen das neue Rechenzentrum nutzen. Das Unternehmen hat das Programm Emma entwickelt, dass eine beliebige Software so bedienen können soll wie ein Mensch. Geschäftsführer Michael Wilczynska ist überzeugt: „Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange Menschen noch mit Maus und PC ihrer Arbeit nachgehen werden.“