Malte Leyhausen: Familie ist nichts für Feiglinge

Der Familientherapeut, Erziehungswissenschaftler und Autor Malte Leyhausen aus dem südhessischen Seeheim-Jugenheim widmet sich in seinem neuen Buch der Frage, wie sich Familien neu erfinden können.
Das Schöne an Familie: Man ist nie allein. Das Schlimme: Man ist nie allein. Das bekommen zahlreiche Mamas, Papas und Kinder seit Beginn der Corona-Pandemie zu spüren, sei es im Lockdown, im Homeoffice oder in Isolation. Das waren noch Zeiten, als Eltern sich ins Büro verabschieden konnten, um dort mal ungestört zu arbeiten oder Abstand zu bekommen zu Wäschebergen, Kinderbespaßung oder Ersatzlehrtätigkeiten. Doch vorbei sind diese unbeschwerten Tage, denn entweder sind Familien in Quarantäne, oder sie müssen jeden Moment damit rechnen. Das zerrt bei so manchem an den Nerven und sorgt – vorsichtig ausgedrückt – für Spannungen.
Da kommt ein neuer Ratgeber gerade recht, der in einer Woche, am 21. Februar, erscheint: „Familie ist nichts für Feiglinge“ von Malte Leyhausen. Der systemische Familientherapeut und Autor aus Seeheim-Jugenheim erklärt darin, dass nicht jeder Konflikt gleich negativ ist, und dass man lernen muss loszulassen: „Man darf nicht erwarten, dass Dinge immer normal sind, sondern sollte die Realität willkommen heißen und sich fragen: Was funktioniert gut in meiner Familie, was kann ich also verstärken, und wovon kann ich Abschied nehmen?“
Neues Buch von Malte Leyhausen: Familie ist nichts für Feiglinge
Ein „Lebewohl“ ist angebracht bei Dingen, die sich kaum erfüllen werden. Aus dem Legastheniker einen Lektor zu machen oder der Hauskatze einen Tiger, ist eher unrealistisch. Doch man kann herausfinden, was gut gelingt und dies dann fördern. Zusätzlich bedarf es noch einer guten Portion Selbstliebe und der Abkehr von Konventionen: „Wenn es mir gut geht, geht es auch den anderen gut. Und wenn ich nicht gern aufräume, dann sollte es mir egal sein, was der Besuch denkt, wenn er in die unordentliche Wohnung kommt.“
Es ist auch einerlei, wie der Rest der Welt urteilt, wenn der Nachwuchs kein Abitur hat. Sich zu sorgen, ist in Ordnung, doch ist es eine Illusion zu glauben, dass alles gut wird, wenn man nur in der Erziehung alles richtig macht. „Das ist nicht wie bei einer Kaffeemaschine, bei der ich auf Espresso drücke, und es kommt Espresso raus. Menschen sind eben nicht wie Maschinen, sondern eher wie Mobiles. Wohin sie sich bewegen, ist nicht absehbar.“
Malte Leyhausen schreibt darüber, wie sich Familien neu erfinden können
Manchmal kommt es gar so vor, als bewege sich überhaupt nichts, denkt man nur mal an einzelne Socken auf Fußböden oder eingetrocknete Müslischalen in Jugendzimmern. Die systemische Therapie setzt dann allerdings am Umfeld an und nicht am vermeintlichen Problemverursacher, so Leyhausen: „Ich versuche immer, Möglichkeiten aufzuzeigen, was jeder bei sich selbst tun kann, um eine Situation zu verbessern, anstatt immer darauf zu hoffen, dass der Rest der Familie das tut.“
Auf Problemen herumzureiten sei nie zielführend, meint der Therapeut, nicht in Pandemiezeiten und auch sonst nicht. Idealerweise lässt man seinen Lieben stets Entscheidungsfreiheiten, damit sie eine Wahl haben und dabei ihr Gesicht nicht verlieren müssen.
Die wohl wichtigste Botschaft aus Malte Leyhausens neuem Buch ist jedoch: „Keine Rosen ohne Dornen.“ Alles hat eine gute und eine nicht so gute Seite. Und Familie darf manchmal auch etwas stachelig sein. (May-Britt Winkler)
