Leiche in Darmstadt für Puppe gehalten: Laut Bestattungsunternehmen „unmöglich“

Ein Toter wird bei einer Wohnungsräumung für eine Puppe gehalten und mitgenommen. Jetzt will das Amtsgericht den Sachverhalt aufarbeiten.
Die Verwechslung einer Leiche mit einer Puppe bei einer Wohnungsräumung in Darmstadt sorgt weiterhin für Unverständnis. Zwar ist das sogenannte Todesermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft inzwischen abgeschlossen – der Todeszeitpunkt und die Todesursache konnten laut Oberstaatsanwalt Robert Hartmann nicht genau bestimmt werden, ein Freitod des 58-jährigen Mieters sei nicht ausgeschlossen. Jedoch geht nun das Amtsgericht Darmstadt, das für die Bestellung von Gerichtsvollziehern zuständig ist, der Sache nach.
Gerichtssprecher Erik Geisler sagte der Frankfurter Rundschau, man habe dienstrechtliche Maßnahmen eingeleitet, deshalb könne er keine Details nennen. Der „sehr außergewöhnliche Sachverhalt“ solle aufgearbeitet werden. „Wir müssen gucken, ob wir Konsequenzen ergreifen.“
Darmstadt: Leiche bei Zwangsräumung für eine Puppe gehalten
Anfang Februar war bei einer Zwangsräumung in der Neckarstraße eine Leiche als vermeintliche Trainingspuppe vom Speditionsunternehmen abtransportiert worden. Entdeckt wurde der Irrtum erst am 14. April.
Das Unternehmen, dass sich gegenüber der FR nicht äußern wollte, hatte dem HR zuvor gesagt, aufgefallen sei der Leichnam, nicht weil er gerochen habe, sondern weil er sich sichtbar veränderte. Zu diesem Zeitpunkt soll er beim Unternehmen zusammen mit dem Wohnungsinventar eingelagert gewesen sein. Daraufhin wurde die Polizei eingeschaltet. Laut Sprecher Bernd Hochstädter „eine Geschichte, die ihm in 38 Dienstjahren nicht untergekommen ist“.
Darmstadt: Bestatterinnen und Bestatter reagieren mit Unverständnis
Dass jemand unbemerkt wochenlang tot in der Wohnung oder anderswo liegt, „kommt ständig vor, nur bekommt die Öffentlichkeit nichts davon mit“, sagte ein Bestatter am Freitag auf Anfrage der FR. Meist fielen Leichen durch den strengen Geruch auf. Dass aber ein Leichnam mit einer Trainingspuppe verwechselt werde, könne er nicht verstehen.
Ähnlich äußerten sich auch andere ansässige Bestattungsunternehmen. Eine solche Verwechslung sei „gänzlich unmöglich“, „völlig unverständlich“ und „nicht erklärbar“, hieß es. Selbst die Leichenstarre könne keine Erklärung geben, da sie 48 Stunden nach dem Tod verschwinde. Man spüre auch, ob es sich um einen menschlichen Körper handele oder Plastik, sagte eine Bestatterin.
Darmstadt: Gerichtsvollzieherin hält Leiche für eine Trainingspuppe
Laut HR sollen die Möbelpacker die Gerichtsvollzieherin auf den an der Heizung lehnenden Körper hingewiesen haben. Diese habe gesagt, es sei eine Trainingspuppe für Pflegekräfte. Tatsächlich gibt es solche lebensechten Puppen aus Silikon für den medizinischen Bereich. „Jedoch merkt man den Unterschied spätestens, wenn man das Produkt berührt“, sagt ein Mitarbeiter des Friedberger Medizinprodukteherstellers Ambu. Eine solche Verwechslung „überrasche ihn sehr“. Andersherum komme es schon vor, dass Puppen für Leichen gehalten werden und die Polizei gerufen werde.
Davon abgesehen finde man solche hochqualitativen Puppen, die im fünfstelligen Bereich kosten nicht unbedingt in Wohnungen, die wegen Zahlungsunfähigkeit geräumt werden, sagte ein Großhandelsmitarbeiter der FR.
Warum niemand den Toten vermisst hat und wie er beerdigt wird, muss jetzt die Stadt klären. Das Standesamt ermittelt wie bei allen Sterbefällen, ob Angehörige vorhanden sind. Weitere Auskünfte zum Verstorbenen erteilte die Stadt auf Anfrage aber nicht.