Landgraben bei Darmstadt: Gewässersanierung wäre gefährlich

Ein aktuelles Gutachten zeigt: Der Landgraben ist mit zahlreichen Schadstoffen belastet. Diese zu beseitigen, könnte das Grundwasser verseuchen.
Eine Sanierung des mit Schadstoffen belasteten Landgrabens zwischen Darmstadt und Trebur ist derzeit ausgeschlossen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch vorstellte.
Vor fast vier Jahren sorgte der Fall eines Bio-Bauern aus dem Kreis Groß-Gerau für Aufsehen: Weil er im Trockensommer 2018 seinen Spinat mit Grundwasser bewässerte, wurde dieser mit dem Pflanzenschutzmittel Dikegulac belastet und der Landwirt durfte das Gemüse nicht verkaufen. Damals geriet auch der Landgraben in den Fokus: Dieser zur Entwässerung Darmstadts angelegte Fluss hat eine Verbindung zum Grundwasser. Nachdem 2019 einer Studie zufolge kaum noch Dikegulac im Fließgewässer enthalten war, wurde 2020 die jetzt vorgestellte Studie beauftragt – diesmal zur Belastungssituation und Sanierungsmöglichkeiten des Landgrabens.
Gift in unteren Schichten
Das Gutachten des Planungsbüros Koenzen Wasser und Landschaft kommt zu dem Ergebnis, dass die Belastung mit Schadstoffen im Sediment des Landgrabens seit 2003 zurückgegangen ist. In den tieferen Schichten seien giftige Stoffe wie Blei, Arsen, Quecksilber oder Zyanid enthalten. „Die abgelagerten Schadstoffe stammen im Wesentlichen aus der Einleitung von Abwässern in der Vergangenheit“, teilte das Ministerium mit. Die Stoffeinträge über Kläranlagen seien im Lauf der Jahre zurückgegangen. Laut Gutachten übersteigen zum Beispiel die krebserregenden Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) und polychlorierten Biphenyle (PCB) die Grenzwerte. Die PAK-Werte zeigen dabei etwa an der Brücke von Trebur eine „leicht steigende Tendenz“. Die Ursache sei nicht bekannt, heißt es. Insgesamt ist die Wasserqualität von „schlecht zu unbefriedigend, also eine Stufe besser“, geworden, sagte Michael Denk, Abteilungsleiter Wasserwirtschaft im Ministerium, der FR.
Der Landgraben
Bei Niedrigwasser besteht das Wasser im Landgraben fast ausschließlich aus geklärtem Abwasser, das von Kläranlagen eingeleitet wird.
Die heute gemessenen Belastungen , insbesondere im Sediment des Landgrabens, resultieren im Wesentlichen aus der Einleitung von Abwässern in der Vergangenheit. Die Stoffeinträge über Kläranlagen sind laut MInistzerium im Lauf der Jahre zurückgegangen, da die Abwasserbehandlung sukzessive verbessert wurde.
Das aktuelle Gutachten, das vor dem Hintergrund der Frage der Notwendigkeit und Machbarkeit der Sanierung der Landgrabensedimente erstellt wurde, wertet mehr als 20 seit 1990 bereits erstellte Gutachten zu der Belastungssituation und den Sanierungsmöglichkeiten des Landgrabens sowie aktuelle Messdaten aus.cka
Außerdem sollen die Schadstoffe im Bodensediment gut gebunden sein. Solange man diese nicht entnehme, würden sie dort bleiben und das Sediment schütze auch das Grundwasser vor dem Eindringen von Schadstoffen aus dem Abwasser.
„Eine Sanierung des Landgrabens birgt zwei Gefahren“, so Ministerin Hinz. Zum einen würde das Abwasser wegen des entnommenen Bodensediments direkt ins Grundwasser gelangen. Zum anderen könnten die Schadstoffe aus dem Bodensediment freigesetzt werden und damit auch in das Oberflächenwasser und das Grundwasser gelangen. „In beiden Fällen wäre die Grundwasserqualität zur Trinkwassergewinnung beeinträchtigt.“
Deshalb werde die Landesregierung der Empfehlung des Gutachtens folgen und zum aktuellen Zeitpunkt auf eine Sanierung des Landgrabens verzichten.
Man wolle aber die Verbesserung der Wasserqualität vorantreiben, kündigte die Umweltministerin an. Dazu gehöre nicht nur die Reduzierung von Phosphor und Stickstoff durch weniger Düngung auf den Feldern, sondern auch der Ausbau der vierten Reinigungsstufe der Kläranlagen.
Es werde allerdings noch vier bis fünf Jahre dauern, bis die Anlagen in Darmstadt, Weiterstadt und Büttelborn ausgebaut sind. Die vierte Reinigungsstufe der Kläranlage der Firma Merck befinde sich bereits im Bau. Mit der vierten Reinigungsstufe können Spurenstoffe, etwa von Medikamenten, gefiltert werden.