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Künstlerisches Vermächtnis von Georg Moller auf brüchigem Papier

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Von: Jens Joachim

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Schrankfund: Mechthild Haas, die Leiterin der Graphischen Sammlung des Hessischen Landesmuseums, präsentiert den Band zusammen mit Michael Moller und Museumsdirektor Martin Faass (r.).
Schrankfund: Mechthild Haas, die Leiterin der Graphischen Sammlung des Hessischen Landesmuseums, präsentiert den Band zusammen mit Michael Moller und Museumsdirektor Martin Faass (r.). © Jens Joachim

Das Hessische Landesmuseum erwirbt vom Ururenkel des berühmten hessischen Architekten, Stadtplaners und Denkmalschützers einen „Klebeband“ mit Zeichnungen und Druckgrafiken.

Von einem „einmaligen Fundstück“ sprach Martin Faass, der Direktor des Hessischen Landesmuseums Darmstadt (HLMD), als er am Donnerstag in der Graphischen Abteilung ein besonderes Prunkstück mit etlichen Bezügen zu Darmstadt präsentierte.

Dank der Großzügigkeit von Michael Moller, dem Ururenkel des berühmten hessischen Architekten, Stadtplaners und Denkmalschützers Georg Moller (1784–1852), konnte das Landesmuseum einen sogenannten Klebeband aus dem Nachlass von Helene Moller (1810–1873), der zweiten Ehefrau Georg Mollers, erwerben. Der Band enthält 238 eingeklebte Handzeichnungen, Aquarelle und einige Druckgrafiken, von denen die meisten von Moller stammen.

Hessisches Landesmuseum Darmstadt bekommt Album von Georg Moller

Der in Zürich lebende Michael Moller berichtete, dass die Familie nach dem Tod der Mutter im Jahr 2016 den Band in einem Schrank gefunden habe. Bereits 2017 hatte er dem Landesmuseum zwei Gemälde aus dem Familienbesitz übergeben. Auf dem einen ist Georg Moller zu sehen, nachdem in Darmstadt ein Quartier benannt ist.

Zu seinen Hauptwerken zählten das Hoftheater und die katholische St.-Ludwigs-Kirche, das neue Kanzleigebäude am Mathildenplatz und das Alte Mausoleum auf der Rosenhöhe. Ferner zeichnete er in Darmstadt für die Errichtung des Prinz-Carl-Palais verantwortlich und errichtete das Ludwigsmonument, den sogenannten Langen Ludwig, auf dem Luisenplatz.

Auch Stadtansichten aus Darmstadt mit dem Schloss und dem Langen Ludwig sind in dem Klebeband von Georg Moller enthalten.
Auch Stadtansichten aus Darmstadt mit dem Schloss und dem Langen Ludwig sind in dem Klebeband von Georg Moller enthalten. © Anne-Sophie Ebert

Bedeutende Bauten von Georg Moller in Darmstadt, Wiesbaden und Mainz

Moller, der den Klassizismus in Hessen maßgeblich geprägt hat, wirkte als Architekt auch außerhalb der Residenzstadt Darmstadt. Zu den bedeutendsten Bauten unter seiner Federführung gehören die Kirche St. Georg in Bensheim, das Staatstheater in Mainz sowie das Wiesbadener Stadtschloss. Nach seinen Plänen entstanden zudem mehr als ein Dutzend Landkirchen im südhessischen Raum.

Sein Ururenkel hat nun dem HLMD die Hälfte des Objektwertes gespendet. Den verbleibenden Ankaufspreis finanzierten die Hessische Kulturstiftung und die Freunde des HLMD. Zudem sorgt die Ernst-von-Siemens-Kunststiftung mit einer großzügigen Förderzusage dafür, dass die aufwendige Restaurierung von 200 Handzeichnungen sichergestellt werden kann.

Klebeband von Georg Moller ein „einmaliges künstlerisches Vermächtnis“

Bei dem mit Leder bezogenen Album aus dem Jahr 1848 handelt es sich nach den Worten von Mechthild Haas, der Leiterin der Graphischen Sammlung, um ein „einmaliges künstlerisches Vermächtnis“.

Die Mehrzahl der Zeichnungen bezieht sich auf Mollers bauhistorische Untersuchungen, seine Umbau- und Sanierungsprojekte, seine ausgeführten architektonischen Werke wie auch seine nicht ausgeführten Entwürfe. Hinzu kommen Porträtzeichnungen bekannter Künstler der Romantik.

Prunkstück: Ein von Georg Moller gestaltetes Blatt in dem Band zeigt die von ihm geschaffene Kuppelkirche St. Ludwig in Darmstadt.
Prunkstück: Ein von Georg Moller gestaltetes Blatt in dem Band zeigt die von ihm geschaffene Kuppelkirche St. Ludwig in Darmstadt. © Anne-Sophie Ebert

Hessisches Landesmuseum Darmstadt lässt Moller-Album restaurieren

Derzeit erfolgt die Digitalisierung des Bandes, so dass sein ursprünglicher Zustand virtuell erhalten bleibt und rekonstruierbar ist. Danach werden die eingeklebten Zeichnungen aus dem Album gelöst, dessen Seiten schon zerbröseln. Unterschiedliche Alterungsprozesse des Klebers und des stark holzhaltigen Papiers haben zu Schrumpfungen geführt. Dadurch gerieten die eingeklebten Blätter mit den Zeichnungen unter Spannungen, wölben sich, haben Knicke und drohen einzureißen.

Für den Erhalt der Zeichnungen sei es unabdingbar, sie aus dem Klebeband abzulösen, sagt Haas. In den nächsten zwei Jahren wird sich die Restauratorin Monika Lidle-Fürst der von der Siemens-Kunststiftung geförderten aufwendigen Arbeit annehmen.

Darmstadt Nahezu alle Bauten von Georg Moller im Krieg zerstört

In Anbetracht der Quellenlage zu Mollers erhaltenem Œuvre sei der Klebeband „eine kleine Sensation“, meint Haas. Denn während der Darmstädter Brandnacht vom 11. auf den 12. September 1944 sind nicht nur nahezu alle Darmstädter Bauten Georg Mollers in Schutt und Asche gelegt worden, sondern auch die Moller-Akten und sein Nachlass, seine Vorarbeiten und Verzeichnisse sowie alle Originale wurden weitgehend vernichtet.

Die Digitalisierung bietet die Voraussetzung für die wissenschaftliche Bearbeitung der Zeichnungen, die parallel erfolgt. Ziel des Projekts ist eine Ausstellung zu Georg Mollers Werk und dem Klebeband, der auch als Datenbank online präsentiert werden wird.

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