Kirche in der NS-Zeit: Bekenntnis zu „Irrwegen“ in Darmstadt

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau erinnert mit einer Jubiläumsveranstaltung, Vorträgen und Diskussionen in der Stiftskirche an 75 Jahre „Darmstädter Wort“.
Die Botschaft, die auf einer Gedenktafel als Überschrift gewählt wurde, die vor fünf Jahren am Eingang zum Feierabendhaus auf dem Gelände des Elisabethenstifts angebracht wurde, klingt bußfertig: „Wir sind in die Irre gegangen ...“. So ist es auf der Tafel zu lesen, die auch im historischen Festsaal im Inneren des früheren Schwesternwohnheims über einer Tür hängt.
Mit einer Jubiläumsveranstaltung will die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) an diesem Freitag in der neben dem „Feierabendhaus“ stehenden Stiftskirche an das „Wort zum politischen Weg unseres Volkes“ erinnern, das als „Darmstädter Wort“ bekanntgeworden ist.
Vor 75 Jahren hatten sich Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland zu ihrer Mitverantwortung an „Irrwegen“, die zum Nationalsozialismus führten, bekannt. Die Erklärung sollte einen grundlegenden Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichen. Eine der markantesten Formulierungen lautete: „Wir sind in die Irre gegangen, als wir begannen, den Traum einer besonderen deutschen Sendung zu träumen, als ob am deutschen Wesen die Welt genesen könne.“
Das „Darmstädter Wort“ wurde vom lutherischen Theologen Hans Joachim Iwand und dem reformierten Theologen Karl Barth, dem Hauptautor der Barmer Theologischen Erklärung von 1934, verfasst und von Herman Diem sowie Martin Niemöller, der von 1947 bis 1964 erster Kirchenpräsidenten der EKHN war, überarbeitet.
Der Bruderrat der Evangelischen Kirche in Deutschland, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fortbestehende Leitungsorgan der Bekennenden Kirche, veröffentlichte die Schlussfassung am 8. August 1947 als seine verbindliche Position.
Während der Jubiläumsveranstaltung in der Stiftskirche, die unter der Überschrift „Irrwege verlassen – Friedenswege suchen“ steht, soll es auch um die Konsequenzen des Papiers gehen, die bis in die Gegenwart reichen. Erwartet werden zu der öffentlichen Tagung auch der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung, die Vizepräsidentin des Hessischen Landtags, Heike Hofmann (SPD), Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) und die Generalsekretärin des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Ilona Klemens.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, die Klimakrise, die Pandemie, wachsende soziale Ungleichheit, Antisemitismus und Rassismus äußerte die frühere Darmstädter Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse: „Wir brauchen deshalb Foren des Austauschs, die zu politischer Verantwortung ermutigen und Orientierung für heutige Wege bieten. Dazu wollen wir in Auseinandersetzung mit dem profilierten Wort von 1947 beitragen.“
Die Jubiläumsveranstaltung , die am Freitag, 15. Juli, um 16 Uhr in der Stiftskirche, Stiftsstraße 12, beginnt, ist öffentlich. Anmeldungen unter Telefon 06151 / 136 243 0 und per E-Mail an winfried.kaendler@ekhn.de
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