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Inobhutnahme in Dieburg: Fünf Kinder dürfen doch nach Hause

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Von: Claudia Kabel

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Das Familiengericht tagt am Amtsgericht in Dieburg.
Das Familiengericht tagt am Amtsgericht in Dieburg. © Claudia Kabel

Aufatmen bei einer Familie in Dieburg: Ihre fünf Kinder dürfen nach einer Inobhutnahme durch das Jugendamt kurzfristig nach Hause. Die Eltern kämpfen aber weiter um das Sorgerecht.

Update von Freitag, 5. November, 15.32 Uhr: Im Fall der fünf Kinder aus dem südhessischen Dieburg, die mit der Polizei aus der Familie geholt und in Obhut genommen worden waren, ist eine überraschende Wendung eingetreten. Zwei Tage nach einer Verhandlung, in der das Jugendamt darauf gedrungen haben soll, dass die Kinder bis Abschluss des Hauptverfahrens um das Sorgerecht im Heim bleiben, erhielt die Familie einen Anruf: „Das Jugendamt teilte uns mit, wir könnten die Kinder abholen“, berichtet die Mutter Yvonne K. der FR. „Uns ist es gelungen, die Richterin zu überzeugen, dass alle erziehungsunterstützenden Maßnahmen auch zu Hause vorgenommen werden können“, erläutert der Rechtsanwalt der Familie. Man habe dazu eine erneute Stellungnahme eingereicht. Die Aufhebung des Beschlusses über den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts sei in diesem Fall ungewöhnlich. Meist blieben die Kinder bis zur endgültigen Klärung des Sorgerechts in Obhut des Jugendamts.

Die Geschwister im Alter von 4, 5, 10, 11 und 13 Jahren waren Anfang August von der Polizei geholt und in verschiedene Heime gebracht worden, weil die Eltern wegen eines anderen Verfahrens in Sitzungshaft mussten. Als der Vater zwei Tage später zurückkehrte, wurde von den Behörden dennoch die Heimkehr der Kinder verweigert und der Kontakt zu ihnen stark beschränkt.

„Die Kinder sind alle krank, haben Alpträume, können alleine nicht mehr schlafen“, sagt die Mutter. Sie seien total verändert. Bei aller Freude über ihre Rückkehr nach fast drei Monaten wolle man dennoch rechtliche Schritte gegen diese Behandlung prüfen. Einen Termin für die Hauptverhandlung gibt es noch nicht.

Öffentlichkeit war bei Verhandlung nicht zugelassen

Ursprungsartikel vom 27. Oktober, 20.27 Uhr: Die fünf Kinder der Familie K. aus Dieburg bleiben weiterhin in der Obhut des Jugendamtes. Das hat eine Verhandlung vor dem Familiengericht in Dieburg am Mittwoch ergeben. Die Verhandlung war, wie bei Familiensachen üblich, nicht öffentlich. Ein Antrag des Ehepaars Yvonne und Waheed K. auf Zulassung der Öffentlichkeit war vonseiten des Gerichts abgelehnt worden. Deswegen müsse auch eine Stellungnahme zu dem Fall danach abgelehnt werden, sagte der Direktor des Amtsgerichts Philipp Müller der Frankfurter Rundschau.

Die anwesenden Pressevertreter:innen wurden nicht einmal in das Gerichtsgebäude gelassen, wegen Corona, wie es hieß. Ebenso mussten mehrere Zeuginnen und Zeugen vor dem Gebäude warten, weil unklar war, ob sie überhaupt gehört werden würden.

Darmstadt-Dieburg: Eltern stellen Antrag auf mehr Kontakt zu Kindern

Die fünf Geschwister im Alter von 13, 11, 10, 5 und 4 Jahren waren am 2. August in einem Polizeieinsatz aus der Familie genommen worden, weil die beiden Eltern wegen eines anderen Verfahrens in Sitzungshaft mussten. Der Vater war allerdings nach zwei Tagen zurück. Die Mutter ist seit mehreren Wochen wieder zu Hause. Dennoch verweigert das Jugendamt die Heimkehr der untergebrachten Kinder; das jüngste wurde inzwischen von den Geschwistern getrennt. Die Kinder leiden laut den Eltern sehr, wie abgekaute Fingernägel, Ekzeme und Wesensveränderungen belegen würden, die die Eltern dokumentiert haben. Ihr Kontakt zu den Kindern wird streng reglementiert. Treffen sollen bisher persönlich nur zweimal für jeweils 45 Minuten stattgefunden haben, Telefonate finden unter Anwesenheit von Betreuungskräften statt.

Am Mittwoch sollte es um Anträge auf Umgang durch die Eltern und die Großmutter gehen sowie darum, ob die Kinder bis zur entgültigen Klärung des Sorgerechts nach Hause können. Eine Rückkehr habe die Richterin abgelehnt, so Rechtsanwalt Georg Königstein. Der Antrag, dass die Eltern die Kinder jede Woche für mindestens zwei bis drei Stunden sehen dürfen, sei gar nicht behandelt worden. Das Jugendamt unterstelle eine Kindeswohlgefährdung. Diese werde damit begründet, dass die Kinder während der Pandemie längere Zeit der Schule fernblieben, weil der Vater schwer chronisch krank ist. Hier wurden offenbar Atteste nicht rechtzeitig eingereicht, auch sollen Vorsorgeuntersuchungen der Kinder versäumt worden sein. Zudem würden die Eltern nicht genügend mit dem Jugendamt zusammenarbeiten. Wann die Verhandlung fortgesetzt wird, ist unklar. Auch die Hauptverhandlung ist laut Königstein noch nicht terminiert.

Ärztin der Familie: „So kenne ich Kinder nicht“

Yvonne K. zeigte sich nach der Verhandlung sprachlos darüber, dass die Kinder angeblich im Heim besser aufgehoben sein sollen als zu Hause, wie es geheißen habe. Die wartenden Zeug:innen berichteten der Frankfurter Rundschau einmütig, dass die Familie in keiner Weise negativ aufgefallen sei. Eine Nachbarin berichtete von glücklich spielenden Kindern, die sie den Sommer über im Garten beobachtet habe. Die Ärztin des Vaters sagte, in einem Video der Fünfjährigen, die früher ein „Sonnenschein“ gewesen sei, habe diese nun nur noch „gelallt“. So kenne sie die Kinder, die öfter in ihre Sprechstunde mitgekommen seien, nicht.

Auch bei der Mutter von Waheed K. und seinem Bruder herrscht Unverständnis über die Inobhutnahme. Beide gaben an, dass sie die Kinder bei sich aufgenommen hätten, während die Eltern nicht da waren. Doch dies wurde vom Amt offenbar ignoriert. Stattdessen werden nun Heim-Unterbringungskosten von 36 000 Euro monatlich erhoben.

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Inobhutnahme: Kinder morgens mit der Polizei geholt - Familie kämpft um Sorgerecht

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