Internationaler Museumstag: Reise in die 1920er- und 30er-Jahre

Das Ober-Ramstädter Museum eröffnet zum Internationalen Museumstag. Für ein Heimatmuseum soll sein mediales Konzept einmalig in Deutschland sein.
Gleich am Eingang des neu gestalteten Museums in Ober-Ramstadt (Landkreis Darmstadt-Dieburg) wählt man aus, als welche Persönlichkeit man in die Zeit der 1920/30er Jahre zurückreisen will: Zum Beispiel als Berta Schröbel – geboren 1897, Ehefrau des zu dieser Zeit äußerst erfolgreichen Möbelfabrikanten „Schröbel“ – oder als die Schülerin Anna Emich, die sich keinen neuen Haarschnitt im Frisörsalon oder Schokolade im Gemischtwarenladen leisten kann.
Insgesamt stehen sieben Charaktere zur Auswahl, authentische Personen des Ortes, deren Lebensläufe Museumsleiter Matthias Rohde, Historiker und Lehrer am Ludwigs-Georg-Gymnasium in Darmstadt, recherchiert hat. Von ihm stammt auch die Idee für das neue Museumskonzept. „Das, was die Ehrenamtlichen des Vereins in Zusammenarbeit mit der Firma Archimedix entwickelt haben, ist in dieser Form einzigartig für ein Museum dieser Größe und dieses Zuschnitts in Deutschland“, sagt Rohde. Drei Jahre dauerten Sanierung und Neukonzeption, gefördert wurde das Projekt aus einem EU-Förderprogramm. Am kommenden Sonntag, dem Internationalen Museumstag, findet die feierliche Eröffnung statt.
Eine Fülle von historischen Informationen, die auf unterschiedlichste Weise medial in sieben Räumen dargeboten werden und die je nach gewählter Persönlichkeit anders ausfallen, erwartet die Besucher:innen. So erscheint zum Beispiel der Frisör im Spiegel und spricht mit einem, während man selbst auf dem historischen Frisierstuhl sitzt. An einem Zeitungsständer informieren fiktive Zeitungsartikel über wahre Begebenheiten, wie etwa die Erschießung des SPD-Genossen Georg Sachse durch die Nazis im März 1933.
Internationaler Museumstag am 21. Mai
Museumsfest in Ober-Ramstadt am Sonntag, 21. Mai, von 11 bis 17 Uhr rund um das Museum. Es gibt Essen und Trinken, Live-Musik, Kaffee und Kuchen sowie Aktionen für Kinder.
In Rüsselsheim lädt das Stadt- und Industriemuseum von 11 bis 16 Uhr zur Druckwerkstatt im Festungshof. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Dauerausstellung kostet keinen Eintritt.
In Dieburg hält das Museum Schloss Fechenbach am Sonntag, 21. Mai, Musik und Kunst für Kulturliebhaber bereit. Ab 15 Uhr werden zum Ausklang der Ausstellung „Zwischenraum“ der Künstlerin Ingrid Wendeler auf Stücke auf Trompete und dem römischen Blechblasinstrument „Cornu“ erklingen. Der Eintritt ins Museum ist frei.
In Griesheim eröffnet der Museumsverein am Sonntag um 11 Uhr im Rahmen eines Museumsfestes die Ausstellung zu „140 Jahre Freiwillige Feuerwehr Griesheim“ .
In Darmstadt ist der Eintritt ins Landesmuseum am Sonntag frei. Zur Ausstellung „Urknall der Kunst. Moderne trifft Vorzeit“ werden von 11 bis 17 Uhr verschiedene Vorträge gehalten.
Zum Internationalen Museumstag bieten viele Museen freien Eintritt oder Events an. Infos: www.museumstag.de
Im Küchenstudio der Firma Schröbel lässt man sich beraten und erfährt nebenbei etwas über die gestrige Sitzung des Turnvereins von der Holographie eines Verkäufers. Oder man informiert sich über die Automobile der Marke „Röhr“. Von diesen gibt es auch echte Exemplare zu bestaunen. Auch das einzig noch existierende und älteste Auto Darmstadts, ein HAG 5 Baujahr 1925, ist zu bestaunen. Allein für die Videoclips zur Autoproduktion im Ort hat Vereinsmitglied Michael Knopp eintausend historische Bilder digitalisiert. Das Besondere am Museum sei, dass es über eine nahezu lückenlose Sammlung zur Industriegeschichte verfüge, sagt Knopp. Das Museum Ober-Ramstadt wurde in den 1960er Jahren vom Verein für Heimatgeschichte gegründet. Die Stadt stellte nach und nach das gesamte Gebäude, das historische Rathaus, zur Verfügung. Anfangs als Heimatmuseum ausgestattet, wurde es schnell zu einem Spezialmuseum für die ländliche Industriekultur in und um Ober-Ramstadt mit seinen Schwerpunkten des Fahrzeug- und Industriebaus sowie der einzigartigen Sammlung zur Kunststoffindustrie, in welcher der Übergang von der Zunft der Kammmacher ab dem 19. Jahrhundert zur modernen Kunststoffindustrie aufgezeigt wird. Ein weiterer Fokus liegt auf dem 1742 in Ober-Ramstadt geborenen Gelehrten Georg Christoph Lichtenberg.
In allen Räumen gibt es Stationen für kleinere Kinder, etwa ein Cockpit, das Motor- und Hup-Geräusch erschallen lässt. Rohde hofft, dass durch die neuen medialen Darbietungsformen nicht nur neue Interessierte zum Verein finden, sondern auch mehr Schulklassen angelockt werden.


