Hessentag in Pfungstadt: Kostendruck für Gastgeber-Städte

Hessische Kommunen leiden bei der Ausrichtung des Hessentags unter steigenden Kosten. Der Bund der Steuerzahler fordert tiefgreifende Reformen des Landesfests.
Der Hessentag ist Deutschlands größtes und ältestes Landesfest. Seit 1961 hat er sich von einer bescheidenen Feier an einem Wochenende zu einem zehntägigen Mega-Event mit rund tausend Programmpunkten gewandelt – und ist damit immer teurer geworden. Schon seit Jahren kritisiert das der Bund der Steuerzahler.
Was viele nicht wissen: Das Landesfest wird nicht vom Land bezahlt, sondern erhält von dort nur einen Kostenzuschuss, und zwar für die geforderten „fünf Kernmodule“ – also Treffpunkt Hessen/Landesausstellung, Natur auf der Spur, Festzug, Ehrentribüne und Parkplätze.
Die Hauptlast trägt die jeweilige Gastgeberkommune, die auf gute Erträge etwa aus der Hessentagsstraße, dem Verkauf von Parktickets und Bechern angewiesen ist – ein Risikogeschäft also. Denn die Einnahmen hängen von der Zahl der Besucherinnen und Besucher und damit auch von unvorhersehbaren Bedingungen wie dem Wetter oder der Kaufkraft der Gäste ab. „Wir sind der Veranstalter“, sagt Patrick Koch (SPD), der Bürgermeister der diesjährigen Ausrichterstadt Pfungstadt. Dort findet vom 2. bis 11. Juni der diesjährige Hessentag statt. Man erwartet Einnahmen von rund 6,4 Millionen Euro.
Höhere Kosten als geplant
Doch jetzt ist das Event in die Kritik geraten, weil es aufgrund der wirtschaftlichen Lage teurer wird, als geplant – statt den veranschlagten 8,7 Millionen soll das Fest rund 10,6 Millionen Euro kosten. Erst vor wenigen Tagen sahen sich die Stadtverordneten gezwungen, eine Nachfinanzierung zu genehmigen. Ansonsten wäre der Hessentag ausgefallen. Dies wiederum hätte die Stadt noch mehr gekostet, weil damit Ersatzansprüche verbunden gewesen wären. Allein die Absage der Bezahlveranstaltungen in der Arena und dem Festzelt und die technische Ausstattung hätten laut Magistratsvorlage Regressforderungen im unteren bis mittleren siebenstelligen Eurobereich verursacht. Demgegenüber stünden zusätzlich der Ausfall aller Erträge sowie des Landeszuschusses von zwei Millionen Euro. Ob die städtische Nachfinanzierung reichen wird, ist derzeit nicht sicher. Laut Staatsminister Axel Wintermeyer (CDU) ist man aber wegen einer Erhöhung des Zuschusses im Gespräch.
Angesichts solcher Zahlen fordert der Bund der Steuerzahler tiefgreifende Reformen für künftige Hessentage. „Das Dilemma der Pfungstädter Stadtverordneten, entweder kurzfristig 1,9 Millionen Euro Zusatzkosten zu akzeptieren oder noch höhere Schadenersatzforderungen bei Absage zu riskieren, sollte nun auch dem Letzten zeigen, dass es so nicht weitergehen kann“, meint Joachim Papendick, Vorsitzender des Steuerzahlerbundes.
Kritik an „Partykonzept“
Die Kritik richte sich nicht gegen das Fest, aber die aufgewendeten Summen müssten endlich deutlich gesenkt werden. Die Krisen der jüngeren Vergangenheit hätten Schwächen und Risiken des „völlig ausgeuferten Partykonzepts mit austauschbaren Kirmesmeilen“ und großen Konzerten für jeden offengelegt. Das sei vor allem für kleinere Ausrichter-kommunen eine hohe Belastung.
Beispiel Rüsselsheim im Kreis Groß-Grau: Dort fand 2017 der Hessentag statt, bei bestem Wetter kamen mehr als 1,4 Millionen Gäste auf das Festagsgelände am Main. Auch dort stiegen im Verlauf der Vorbereitung die Kosten, unter anderem wegen erhöhter Sicherheitsanforderungen. Erst im Jahr 2022 lag die endgültig Abrechnung vor und offenbarte ein Minus von fast vier Millionen Euro für die Stadtkasse.
Zum letzten Hessentag vor der Corona-Pandemie 2019 in Bad Hersfeld kamen 862 000 Besucherinnen und Besucher, mehr als erwartet. Hier blieb man – anders als in anderen Kommunen – im anvisierten Budget.
Für die ausrichtende Stadt ist der Hessentag laut Land ein großer Gewinn. Die Stadtentwicklung bekomme einen enormen Schub. In Pfungstadt seien 6,5 Millionen Euro für Infrastrukturprojekte anvisiert, so Wintermeyer (CDU). Laut Stadt könnten Zuschüsse zum Beispiel in einen Schwimmbadneubau fließen.
Nach dem ersten Hessentag in Pfungstadt 1973 mit 160 000 Besucher:innen wurde unter anderem die Brauerei-Gaststätte gebaut und die Kirchmühle saniert.