Anti-Corona-Initiative: „Querdenker“ vor Schule gestoppt
Eine Flugblattaktion der Darmstädter Gruppe „Querdenken-615“ gegen Gesichtsmasken wird von Schülern und Polizei vereitelt.
- Vor dem Gymnasium Gernsheim versammelte sich eine Anti-Corona-Initiative, um Flugblätter gegen die Maskenpflicht an Schulen zu verteilen.
- Die Initiative Querdenken wurde von Beamten mit einem Platzverweis vom Ort verwiesen.
- Die Anti-Corona-Initiativen fordern Gleichdenker auf, Mahnwachen vor Schulen abzuhalten.
Gernsheim - Der Initiative Querdenken reicht es offenbar nicht mehr, mit regelmäßigen Demonstrationen ihren Unmut über die Corona-Hygienemaßnahmen zum Ausdruck zu bringen. Vier mutmaßliche Mitglieder der Darmstädter Gruppe Querdenken-615 haben am Dienstag versucht, Flugblätter gegen das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen vor dem Gymnasium Gernsheim (Kreis Groß-Gerau) zu verteilen. Der Darmstädter Stadtschüler*innenrat (SS*R) hatte von der Aktion im Vorhinein erfahren und die Schule sowie die dortige Schülervertretung informiert, wie es in einer Mitteilung heißt. An dem Morgen seien ab sieben Uhr neben Lehrkräften und Schüler*innen des Gymnasiums auch Antifaschist*innen aus der Umgebung anwesend gewesen.

Anti-Corona-Initiative vor Schule in Gernsheim: Maskenpflicht sei „unsinning und gefährlich“
Als tatsächlich drei Frauen und ein Mann begannen, Flugblätter vor der Schule zu verteilen, informierte die Schulleitung die Polizei, um einer möglichen Eskalation vorzubeugen. Die Beamten der Streife stellten die Personalien der vier Personen fest und forderten sie „unter Androhung eines Platzverweises“ auf, den Ort zu verlassen, wie eine Polizeisprecherin der Frankfurter Rundschau auf Anfrage bestätigte. Auf den Flugblättern sei es thematisch darum gegangen, „dass die Maskenpflicht unsinnig und gefährlich“ sei, so die Polizeisprecherin. Es werde nun geprüft, ob es sich beim Verteilen dieser Flugblätter um eine Ordnungswidrigkeit handele. Es sei der erste Fall dieser Art gewesen, zu dem die Polizei gerufen worden sei.
Der Stadtschüler*innenrat zeigte sich besorgt: „Dass sich eine Bewegung, die derart mit Faschist*innen verbunden ist, an unsere Schulen traut, ist erschreckend.“ Querdenken sei in der Vergangenheit durch antisemitische Aktionen und Äußerungen, Verharmlosung des Holocaust und Verbindungen sowie Zusammenarbeit mit rechten bis faschistischen Gruppierungen aufgefallen. Man habe zudem Informationen, dass weitere Aktionen geplant seien.
Anti-Corona-Initiativen: Mahnwachen vor Schulen und Demos gegen die Maskenpflicht
In einem Posting von Querdenken-615, das der FR vorliegt, wurden vor wenigen Tagen die Mitglieder aufgerufen, nicht nur an den Versammlungen teilzunehmen und Flyer in Briefkästen zu verteilen, sondern „geht mit uns auf Mahnwache vor die Schultore Südhessens“. Zudem solle man in „Gedanken und im Herzen dabei sein, auch wenn wir manchmal mit unseren Inhalten oder Formaten über das Ziel hinausschießen sollten“. Viele stünden noch unter dem Eindruck des „politisch motivierten, rechtswidrigen und zum Teil brutalen Einsatzes der Polizeikräfte in Berlin“. Dort hatten im Rahmen einer Anti-Corona-Demo am 30. August Demonstrierende die Reichstagstreppe kurzfristig besetzt. Unterzeichnet ist der Aufruf mit Querdenken-615, Querdenken-711 sowie den Initiativen #safechildren, #ElternStehenAuf und #mutigmacher.
Der Darmstädter Ableger der in Stuttgart von Michael Ballweg gegründeten Querdenken-Initiative hat inzwischen mindestens 1466 Mitglieder. Seit Monaten werden regelmäßig „Meditationen“ in der Darmstädter Innenstadt abgehalten. Auch mehrere Anti-Corona-Demos fanden statt. Am 22. August wurde eine Versammlung am Hauptbahnhof nach Verstößen gegen behördliche Auflagen, etwa das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen, von der Polizei aufgelöst. Eine anschließende Kundgebung auf dem Karolinenplatz fand mit laut Polizei 600 Teilnehmern statt.
Dass es bislang wenige Gegenproteste gab, liege am Infektionsschutz, heißt es in der Mitteilung des Stadtschüler*innenrats. Aber man müsse „im Angesicht der verschwörungsideologischen Proteste gegen die Eindämmung der Pandemie neue Protestformen entwickeln“, kündigte ein antifaschistischer Aktivist in Gernsheim an. Die Zivilgesellschaft sei gefordert klarzumachen, dass „wir diese Normalisierung von Faschismus nicht akzeptieren“. Eine Vertreterin von „Fridays for Future“ betonte, man sei dankbar, dass die Schulleitung dieser Aktion so entschlossen entgegengetreten sei. (Von Claudia Kabel)