Eilentscheidung gegen Schlossgrabenfest in Darmstadt

Ein Anwohner und ein Darmstädter Bürger beschweren sich über die Lautstärke beim Schlossgrabenfest. Das Verwaltungsgericht Darmstadt ordnet eine deutliche Begrenzung des Lärms an. Das viertägige Musikfestival findet aber trotzdem statt.
Darmstadt - Beim Darmstädter Schlossgrabenfest, das an diesem Donnerstag beginnt und bei dem bis Sonntag mehr als 60 Konzerte stattfinden sollen, müssen zum Schutz von Anwohnerinnen und Anwohner konkrete Lärmgrenzwerte insbesondere nach 22 Uhr eingehalten werden.
Nach Informationen der Frankfurter Rundschau hatten zwei Darmstädter Bürger beim Verwaltungsgericht Darmstadt einen lärmschutzrechtlichen Eilantrag gegen die Stadt Darmstadt eingereicht und um vorläufigen Rechtsschutz gebeten.
Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt zum Schlossgrabenfest
Gerichtssprecher Tobias Schwab teilte am Donnerstagmorgen der FR mit, die für das Immissionsschutzrecht zuständige 6. Kammer des Verwaltungsgerichts habe am Mittwoch dem Eilantrag teilweise stattgegeben.
Die mit drei Richterinnen besetzte 6. Kammer des Verwaltungsgerichts entschied per einstweiliger Anordnung, dass die Stadt Darmstadt der Veranstaltungsgesellschaft des Schlossgrabenfestes, der Stage Groove Festival GmbH, durch eine entsprechende Anordnung sicherstellen muss, dass bestimmte Lärmimmissionspegel vor der Wohnung des einen Antragstellers, die sich in der Nähe einer der drei Live-Bühnen befindet, nicht überschritten werden.
Schlossgrabenfest Darmstadt: Nach 22 Uhr nur noch Zimmerlautstärke erlaubt
Die Richterinnen beschlossen konkret, dass durch die Veranstaltung des Schlossgrabenfestes an diesem Donnerstag, 25. Mai, tagsüber in der Zeit von 10 bis 22 Uhr ein Geräuschpegel von 70 Dezibel – was in etwa einem lauten Gespräch oder einem vorbeifahrenden Auto entspricht – und nachts in der Zeit von 22 bis 6 Uhr ein Pegel von 55 Dezibel – was der Lautstärke eines Fernsehers oder Radios bei normaler Lautstärke entspricht – nicht überschritten werden darf.
In der Zeit von Freitag, 26. Mai, bis Sonntag 28. Mai, darf es in der Zeit von 6 bis 24 Uhr maximal 70 Dezibel laut sein und von Mitternacht bis 6 Uhr höchstens 55 Dezibel, entschied die Kammer. „Kurzzeitige Geräuschspitzen“, so die drei Richterinnen, „dürfen diese Pegel tagsüber um nicht mehr als 30 dB(A) und nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten“, heißt es in der Eilentscheidung, die den beiden Antragstellern am Donnerstagmorgen zugestellt wurde.
Verwaltungsgericht Darmstadt kritisiert Verfügung der Stadt zum Schlossgrabenfest
Gerichtssprecher Schwab teilte der FR zudem mit, dass zwar davon auszugehen sei, dass sich die Stadt in der gegenüber der Veranstaltungsgesellschaft erlassenen Ordnungsverfügung an den Grenzwerten aus der Freizeitlärmrichtlinie orientiert habe. „Das Gericht beanstandet jedoch, dass die vom Veranstalter einzuhaltenden Grenzwerte in der genannten Ordnungsverfügung der Stadt nicht ausdrücklich aufgeführt werden“, so der Gerichtssprecher. Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einreichen, über die dann der Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel entscheiden würde.
Im Programm des Schlossgrabenfestes sind für diesen Donnerstag auf den drei Bühnen Bandauftritte bis Mitternacht geplant. Von Freitag bis Sonntag sollen die Bands dann bis 1 Uhr auftreten. Und auch in der „Club-Area“ an der Einmündung der Landgraf-Georg-Straße in den Cityring sollen drei DJs am Donnerstag in der Zeit von 19 Uhr bis Mitternacht und von Freitag bis Sonntag ebenfalls bis 1 Uhr für Stimmung sorgen.
Frank Friedrich Grossmann und Thiemo Gutfried, die beiden Geschäftsführer der Stage Groove Festival GmbH, waren zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Stadtsprecher Klaus Honold zeigte sich am Donnerstagvormittag überrascht über die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts und kündigte eine Reaktion seitens der Stadt an.
Schlossgrabenfest in Darmstadt findet statt - Stadt reagiert mit Stellungnahme
Die Stadt kündigte am Donnerstagnachmittag - drei Stunden vor Beginn des Schlossgrabenfestes - an, die Vorgaben des Gerichtsbeschlusses ordnungsrechtlich zu verfügen. Die grundsätzliche Genehmigung des Musikfestivals sei von dem Urteil aber „nicht betroffen“, so dass das Schlossgrabenfest stattfinden könne.
Darmstadts Oberbürgermeister und Kulturdezernent Jochen Partsch (Grüne) sowie Ordnungsdezernent Paul Georg Wandrey (CDU) äußerten: „Der Zeitpunkt des Eilantrags aber ist eine Frechheit und die darin formulierte Forderung nach einer grundsätzlichen Absage des Festes unangemessen, unverhältnismäßig und ein Schlag ins Gesicht von tausenden Menschen aus Darmstadt und Umgebung die sich auf ein unbeschwertes Fest in der Darmstädter Innenstadt gefreut oder in den vergangenen Monaten an dessen Realisierung gearbeitet haben“.
Das „traditionsreiche und größte Innenstadtmusikfestival Deutschlands“ finde „selbstverständlich statt“. Daran könne auch „der juristische Versuch von Einzelnen, dieses friedliche und fröhliche Fest auf den letzten Metern zu verhindern, erst einmal nichts ändern“, so Partsch und Wandrey. Eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Kassel werde noch geprüft.
Am darauffolgenden Freitag zogen OB Partsch und Stadtrat Wandrey jedoch ihre Falschaussage über die Kläger zurück , dass diese versucht hätten, die Ausrichtung des Musikfestsivals zu verhindern, was nicht der Fall war. Als Konsequenz eines weiteren Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt löschte die Stadt die Stellungnahme über die Eilentscheidung des Gerichts zum Schlossgrabenfest von ihrer Internetseite komplett. (Jens Joachim)
Zum Weiterlesen: An der Ausrichtung des Schlossgrabenfestes gibt es bereits seit geraumer Zeit Kritik: Schlossgrabenfest in Darmstadt: Jusos kritisieren Kommerzialisierung
Kommentar: Schlossgrabenfest in Darmstadt: Rumoren vor Festbeginn