Freude über hohe Wahlbeteiligung bei OB-Wahl in Darmstadt

Fast die Hälfte der Wahlberechtigten hat bei der OB-Wahl in Darmstadt gewählt. Die Grünen schnitten dabei gut ab, aber nicht gut genug – obwohl ihr Kandidat in die Stichwahl kam.
So unterschiedlich die Positionen der Oberbürgermeister-Kandidaten und -Kandidatinnen auch sind, so einig waren sie sich am Sonntag bei der Beurteilung des Wahlabends: Es war spannend, weil die Sieger im Lauf der Auszählung wechselten. Einig Freude herrschte auch über die hohe Wahlbeteiligung, die bei 48,58 Prozent liegt. Das heißt, dass jeder zweite Darmstädter und jede zweite Darmstädterin ein Kreuzchen auf dem Wahlzettel gemacht hat – ein sehr gutes Ergebnis für eine Großstadt. Im Schnitt hat jeder Dritte per Briefwahl gewählt. Vor sechs Jahren lag die Wahlbeteiligung im ersten OB-Wahlgang noch bei 43,9 Prozent.
OB-Wahl in Darmstadt: Grüne haben im Vergleich zur Kommunalwahl Stimmen verloren
Einen eindeutigen Gewinner gab es am Sonntag nicht; Michael Kolmer (Grüne) und Hanno Benz (SPD) erhielten die meisten Stimmen und stehen sich in zwei Wochen in der Stichwahl gegenüber. Für die Grünen geht es dabei um viel. Zwölf Jahre lang stellen sie bislang den Oberbürgermeister, stehen an der Spitze der Stadt, können über diese Position Themen setzen und Projekte pushen. Wie wichtig dieses Amt für die Partei ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass noch in der Sonntagnacht Wahlplakate mit dem Störer „2. April Stichwahl - jetzt Kolmer wählen“ beklebt wurden.
Den Grünen ist es diesmal nicht ganz gelungen, für die OB-Wahl ihre Stammwählerschaft zu mobilisieren. Gut 86 Prozent der Bürger und Bürgerinnen, die die Partei bei der Kommunalwahl 2021 gewählt hatten, haben Kolmer am Sonntag ihre Stimme gegeben. Der Vergleich zur OB-Wahl 2017 macht diese Tatsache noch offensichtlicher: Jochen Partsch sicherte sich damals als Kandidat der Grünen 50,4 Prozent aller gültigen Stimmen – trotz acht Gegenkandidaten.
OB-Wahl in Darmstadt: Uffbasse-Kandidatin Lau stark in traditionell grünen Wahlbezirken
Paul Georg Wandrey war da am Sonntag erfolgreicher. Bei der Kommunalwahl 2021 erreichte seine Partei, die CDU, noch 15,6 Prozent, am Sonntag wählten ihn jedoch 18,2 Prozent. Er muss also Zuspruch von Wähler:innen anderer politischer Coleur erhalten haben. Im nördlichen Stadtteil Wixhausen und im südlichen Stadtteil Eberstadt schnitt er am besten ab. In Eberstadt erreichte er 20,7 Prozent, lag nur knapp hinter Kolmer (21,2 Prozent) und Benz (21,4 Prozent). In Wixhausen kam er sogar auf 21,20 Prozent.
Die Kandidatur von Kerstin Lau von der Wählervereinigung Uffbasse dürfte den grünen Kandidaten Kolmer Stimmen gekostet haben – und zwar vor allem da, wo die Grünen traditionell stark sind. Das heißt: in den einwohnerstarken Innenstadtbezirken. In der Schillerschule im Martinsviertel konnte Lau beispielsweise drei von vier Wahlbezirken gewinnen, kam dort im Stimmbezirk 180 sogar mit 37,25 Prozent auf ihr bestes Ergebnis. In Bessungen lagen Kolmer und Lau quasi gleichauf.
SPD-Bewerber Hanno Benz bei OB-Wahl im Westen und Norden von Darmstadt erfolgreich
Für Kolmer wird es also bei der Stichwahl darauf ankommen, die Klientel, die Lau gewählt hat, wieder auf die Seite der Grünen zu ziehen. Das ist allerdings nicht selbstverständlich der Fall. Schließlich haben sehr viele Menschen für Lau gestimmt, die sich „eine Veränderung in der Stadt wünschen“. So hatte sie es am Sonntag zumindest selbst formuliert. Und damit stößt sie in das gleiche Horn wie der SPD-Stichwahlkandidat Benz. Auch er hatte am Sonntag diagnostiziert, dass seine Wähler:innen ein „Weiter so“ nicht wollen und dass die Menschen mit der Koalition aus Grünen, CDU und Volt wohl nicht zufrieden seien. Benz sprach sogar von einer „gespaltenen“ Stadt und wurde dafür bei der Wahlparty in der Centralstation prompt ausgebuht.
Der SPD-Bewerber Benz heimste am Sonntag fast vier Prozent mehr Stimmen ein als bei der Kommunalwahl vor zwei Jahren. Seine besten Wahlergebnisse erreichte er in der Heimstättensiedlung, in der Waldkolonie im Westen der Stadt sowie in den nördlichen Stadtteilen. In Arheilgen – wo er wohnt – kam er auf 33,65 Prozent, im Nachbarstadtteil Wixhausen auf 33,25 Prozent. Dabei habe wohl die Entscheidung für einen zweiten Aldi in der Ortsmitte von Arheilgen, „den keiner wollte“, eine Rolle gespielt, mutmaßt Benz. Und auch bei der geplanten und mittlerweile verworfenen Bebauung von dortigen Ackerflächen habe die Koalition „gegen die Interessen der Menschen agiert“.