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Ein römisches Lager in Darmstadt-Eberstadt

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Von: Jens Joachim

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Der Theologe und Journalist Joachim Schmidt ist inzwischen ein engagierter Lokalhistoriker.
Der Theologe und Journalist Joachim Schmidt ist inzwischen ein engagierter Lokalhistoriker. © Rolf Oeser

Der Pfarrer im Ruhestand und Eberstädter Heimatforscher Joachim Schmidt ist einem Kastell aus der Römerzeit auf der Spur. Am Sonntag stellt er sein neues Buch „Rom an der Modau“ vor.

Eigentlich wollte Joachim Schmidt, der mehr als dreieinhalb Jahrzehnte lang als Oberkirchenrat Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau war, nur herausfinden, wo sich vor 2000 Jahren im Darmstädter Stadtteil Eberstadt zwei regional wichtige Römerstraßen kreuzten.

Doch je länger und intensiver sich der 75-jährige promovierte Theologe und Journalist im Rahmen des von der Eberstädter Dotter-Stiftung geförderten „Stadtteil-Historiker“-Projekts mit dem Thema beschäftigte, um so mehr förderte er zutage.

Neues Buch über die Römer in Darmstadt-Eberstadt erschienen

In Anlehnung an die Evangeliumsworte „Wer da sucht, der findet“ dürften sich Schmidts jüngste Recherchefunde auf die Darmstädter Lokalhistorie auswirken. Bislang waren viele Eberstädterinnen und Eberstädter mächtig stolz darauf, dass die erste Erwähnung ihres Heimatortes im Lorscher Kodex aus dem Jahr 782 n.Chr. dreihundert Jahre älter ist als der erste schriftliche Beleg für den Weiler Daremundestat, der Keimzelle der Stadt Darmstadt.

Doch der Pfarrer im aktiven Unruhestand und Wahl-Eberstädter Schmidt belegt in seinem neuen Buch „Rom an der Modau“ nun, dass die Siedlungsgeschichte des Ortes an der Modau noch mindestens weitere sieben Jahrhunderte zurückreicht als bisher angenommen. Auch wenn schriftliche Urkunden dazu bislang fehlen – die archäologischen Hinweise sprechen eine deutliche Sprache.

Fundstück: Fünf Zentimeter großes Köpfchen eines römischen „Genius“ – eine Art Hausgeist -, das in Eberstadt gefunden wurde.
Fundstück: Fünf Zentimeter großes Köpfchen eines römischen „Genius“ – eine Art Hausgeist -, das in Eberstadt gefunden wurde. © Wolfgang Fuhrmannek, Hessisches

Darmstadt-Eberstadt: Auf der Spur eines Kastells aus der Römerzeit

Getreu des alten Archäologie-Grundsatzes „Landschaft erzählt Geschichte“ machte sich Schmidt in den vergangenen zwei Jahren auf eine spannende Spurensuche. Er stöberte etwa mit einer Anfrage bei der Römisch-Germanischen Kommission, einer Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt, einen alten Grabungsbericht des 1842 geborenen und 1905 in Darmstadt verstorbenen Archäologen Wilhelm Soldan auf, der einst Mitglied der Reichs-Limeskommission war.

Soldan hat Schmidt zufolge als einziger namhafter Archäologe im April 1900 in Eberstadt auf der Suche nach römischen Spuren Ausgrabungen vornehmen lassen. Er sei nämlich überzeugt gewesen, am Steigertsweg nördlich des Mühltalbads ein römisches Erdkastell aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts gefunden zu haben. „Seine Berichte und Zeichnungen dazu waren jedoch 120 Jahre lang verschollen“, schreibt Schmidt, der die alten Dokumente nun wiederentdeckt hat.

Zwei alte Handelsstraßen kreuzten sich in Darmstadt-Eberstadt

Er hat zudem recherchiert, dass sich einst an der Modau mitten im heutigen Eberstadt tatsächlich zwei uralte Handels- und Heerstraßen kreuzten: Eine führte von der römischen Provinz-Metropole Nida (heute Frankfurt-Heddernheim) im Norden entlang der Bergstraße bis nach Heidelberg-Neuenheim im Süden. Und eine zweite Route führte vom römischen Rheinhafen Gernsheim im Westen bis nach Dieburg im Osten.

Wie Joachim Schmidt nachweist, gab es einen gemeinsamen Modau-Übergang der beiden Routen im Bereich der heutigen Heidelberger Landstraße. Nördlich und südlich davon verzweigten sich die beiden Straßen wieder.

Verlauf der einstigen Römerstraßen im Bereich von Darmstadt-Eberstadt
Verlauf der einstigen Römerstraßen im Bereich von Darmstadt-Eberstadt © Skizze: Joachim Schmidt

Veranstaltung

Seine Forschungen und sein neues, knapp 180 Seiten umfassendes Buch wird Joachim Schmidt am kommenden Sonntag, 7. Mai, von 18 Uhr an während einer gemeinsamen Veranstaltung der Dotter-Stiftung und des Geschichtsvereins Eberstadt-Frankenstein vorstellen.

Der Eintritt zu der Veranstaltung im Ernst-Ludwig-Saal in Eberstadt, Schwanenstraße 42, ist frei. jjo

Neu erschienen: Das Buch „Rom an der Modau“ von Joachim Schmidt

Das Buch „Rom an der Modau. Fragen - Fakten - Funde“ von Joachim Schmidt ist im Darmstädter Justus von Liebig Verlag erschienen und kostet 14,95 Euro.

Im gleichen Verlag hat Schmidt sein Buch „Paulusplatz-Geschichten“ sowie das Buch „Auf rechter Straße“ über Wolfgang Weißgerber (1900 – 1984), den evangelischen Pfarrer von Darmstadt-Eberstadt veröffentlicht, der glaubte, als SA-Mann und Mitglied der NS-gesteuerten Reichsschrifttumskammer mit den Nationalsozialisten zu paktieren, um seine bis dahin sehr erfolgreiche Jugend- und Pressearbeit schützen zu können: Wie ein Pfarrer „mit heißem Herzen und ganzer Seele hinter dem Führer“ stand

Rom an der Modau. Fragen - Fakten -Funde von Joachim Schmidt, Justus von Liebig Verlag, Darmstadt, Preis: 14,95 Euro
Rom an der Modau. Fragen - Fakten - Funde von Joachim Schmidt, Justus von Liebig Verlag, Darmstadt, Preis: 14,95 Euro © Jens Joachim

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