Der Kanzler der TU Darmstadt nimmt seinen Hut

Ein „Macher“ scheidet in Darmstadt aus dem Amt: Manfred Efinger geht als TU-Kanzler in den Ruhestand. 750 Millionen Euro wurden unter seiner Ägide verbaut.
Er hat sich quasi selbst Denkmäler gesetzt: Als Kanzler der TU Darmstadt hat Manfred Efinger an vielen Stellen in der Stadt Spuren hinterlassen. Bauprojekte im Wert von rund 750 Millionen Euro lagen seit seinem Amtsantritt vor fast 15 Jahren vollständig in seiner Verantwortung. Zum 31. März geht der 64-Jährige nun in den Ruhestand. Vorher wird er noch für seine Verdienste um das Ansehen Darmstadts geehrt: Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) verleiht ihm am heutigen Dienstag in der Orangerie die Silberne Verdienstplakette der Stadt.
Darmstädter TU-Kanzler war vorher Beamter im Mainzer Ministerium
Wer mit Efinger spricht, merkt schnell, dass er ein „Schaffer und Macher“ ist. Sein vorheriger Job war bei weitem nicht so spannend: Er war Haushalts-Beauftragter im rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministerium. Er ließ sich aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entlassen, um in Darmstadt im Juni 2008 Kanzler der ersten autonomen Universität in Hessen zu werden. „Ich habe in eine Behörde nie so richtig reingepasst“, sagt er und fügt schmunzelnd hinzu: „Als Kanzler verdient man auch ein bisschen mehr.“
Sein Job habe nicht nur eine herausgehobene Stellung bedeutet, sondern auch eine Sieben-Tage-Woche mit ungeregelten Arbeitszeiten, blickt Efinger zurück. Kein Wunder: Er war nicht nur Bauherr, sondern verantwortete auch den Finanzhaushalt der TU, war darüber hinaus auch Verwaltungschef. „Ich habe viel investiert – Zeit und Emotionen“, sagt er. Deshalb gehe er jetzt mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Liste der verwirklichten Bauprojekte des TU-Kanzlers ist ellenlang
Der 64-Jährige ist stolz auf das, was er in seiner Amtszeit erreicht hat: 16 neue Gebäude auf dem Campus Lichtwiese, der Bau der Lichtwiesenbahn, die dorthin führt, der zentrale TU-Eingangsbau „Karo 5“ auf dem Karolinenplatz, die Sanierung des Hochschulbads, eine neue Bibliothek in der Stadtmitte, der Neubau für Cybersicherheitsforschung am Kantplatz, die Forschungshalle auf dem Campus Griesheim, die Sanierung des Residenzschlosses und des Schlossgrabens, die Eröffnung eines Orgelsaals im Schloss, der Umbau des unter Denkmalschutz stehenden Maschinenhauses an der Magdalenenstraße zum Hörsaal, eine mobile Pavillonanlage am Campus Botanischer Garten.
Hinterhöfe und Plätze, die nach Meinung von Efinger „völlig vernachlässigt waren“, wurden aufgehübscht, die Aufenthaltsqualität für die Beschäftigten und Studierenden deutlich verbessert. Summa summarum seien unter seiner Ägide fast 750 Millionen Euro verbaut worden, zählt er stolz zusammen, berichtet aber auch von einem gigantischen Sanierungsstau von 500 Millionen Euro, der ihn zu Beginn seiner Kanzlerschaft fast erdrückte. Das Land hatte die Immobilien der TU vernachlässigt. Er habe diese immense Aufgabe völlig unterschätzt, als er nach Darmstadt wechselte, gibt er zu. „Es gab nur zwei Möglichkeiten: das Handtuch werfen oder die Ärmel hochkrempeln.“
Efinger musste sich in Darmstadt auch harsche Kritik gefallen lassen
Der Familienvater krempelte die Ärmel von Anfang an sehr weit hoch. Er habe der Hochschule ein schöneres und funktionaleres Gesicht verpasst, sagt er heute über sich selbst; die TU gelte landesweit als Vorbild.
Wobei das alles nicht immer „geräuschlos“ über die Bühne ging. Am Bau der Lichtwiesenbahn zum Beispiel schieden sich die Geister. Der Kanzler und die Studierenden wollten die Straßenbahn, weil der Außencampus Lichtwiese nur über Busse angebunden war, erboste Bürger und Bürgerinnen wollten den Abzweig nicht, kämpften jahrelang lautstark um jeden Baum.
Schon gleich zu Beginn seiner Amtszeit legte er sich mit den Darmstädtern und Darmstädterinnen an: Er schloss das marode Hochschulbad, weil sich die TU eine so kostspielige Sanierung alleine nicht leisten könne. Wochenlang hagelte es Proteste. Schließlich hatte das Land ein Einsehen und stellte zusätzliche Mittel für die Badsanierung zur Verfügung. „Insofern ist meine Strategie aufgegangen“, sagt er, fügt aber hinzu: „Manche Leute in Darmstadt haben mir das nie verziehen.“
Orgelsaal im Residenzschloss ist großer Stolz des TU-Kanzlers
Die Umgestaltung des Schlossgrabens zu einem Park, der auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist, sei jedoch die Handreichung an die Bevölkerung gewesen. Das Gleiche gelte für den Orgelsaal, der „mitten in der Stadt für alle als Konzertsaal ausgebaut worden ist“. Efinger ließ dort eine kleine Orgel einbauen, die er von einem Bekannten in der Schwäbischen Alb geschenkt bekommen hatte. Die Kunst lag ihm am Herzen: 2016 rief Efinger das Kunstforum als Ausstellungsort an der TU ins Leben, das auch öffentliche Flächen bespielt.
Als Verwaltungschef der TU etablierte er 2012 zum ersten Mal an einer deutschen Uni eine Betriebsrente für angestellte Professoren. Schon lange vor dem Land führte er das Jobticket ein, 2016 stellte er eine Gesundheitsmanagerin ein.
„Ich hinterlasse meinem Nachfolger ein bestelltes Feld“, sagt der Scheidende. Im Herbst soll der Neue übernehmen. Bis dahin führt sein Stellvertreter seine Arbeit weiter.