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Selbsthilfe bei Long Covid: Neue Gruppen für Darmstadt und Frankfurt

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Von: Claudia Kabel

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Treppensteigen wird für viele Menschen, die unter Long Covid leiden, zum Problem.
Treppensteigen wird für viele Menschen, die unter Long Covid leiden, zum Problem. © Michael Schick

Genesen, aber lange noch nicht gesund: Viele Menschen leiden nach einer Covid-Erkrankung weiterhin an Symptomen. Neue Selbsthilfegruppen bilden sich derzeit und versprechen Hilfe.

Eine der ersten Selbsthilfegruppen für Betroffene von Long Covid in Hessen will jetzt das Selbsthilfebüro Darmstadt der gemeinnützigen Gesellschaft Paritätische Projekte gründen. Das erste Treffen soll am 24. Januar in Ober-Ramstadt (Landkreis Darmstadt-Dieburg) stattfinden.

Die Idee der Organisation einer Selbsthilfegruppe kam von einer Patientin, die vor einem Jahr mit schwerer Covid-Pneumonie auf der Intensivstation des Klinikums Darmstadt behandelt wurde, schreibt das Selbsthilfebüro. Die Patientin sei zwar von einer künstlichen Beatmung verschont geblieben, habe aber den Tod eines jungen Mannes im Bett neben sich erlebt. Diese Bilder verfolgten sie bis heute. Als Post-Covid-Betroffene berichtet sie über eine allgemeine Müdigkeit. Die vor der Erkrankung sehr aktive, in mehreren ehrenamtlichen Projekten involvierte Frau, habe ihre bisherige Lebensweise komplett verändern und teils aufgeben müssen.

Long Covid: Eine Selbsthilfegruppe in Frankfurt besteht schon

In Frankfurt existiert bereits seit September 2021 eine feste Long-Covid-Gruppe mit sechs Teilnehmenden. Man wolle jetzt eine zweite Gruppe eröffnen, da es weitere Interessenten gebe, sagt Maren Kochbeck von der Selbsthilfe Frankfurt. Die Online-Treffen seien auf eine Stunde begrenzt, da längere Gespräche für die Teilnehmenden zu anstrengend seien. Die Dimension der Beeinträchtigung von Long Covid sei in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannt. Ein Gruppenmitglied etwa habe sich ein E-Bike zugelegt, um wieder fitter zu werden, schaffe es jedoch nicht alleine am Verkehr teilzunehmen, weil die kognitiven Einschränkungen zu stark seien. Die meisten Mitglieder der Gruppe, Frauen zwischen 30 und 50, seien bereits 2020 erkrankt, litten aber immer noch unter den Folgen.

Selbsthilfegruppen

Erstes Treffen der Darmstädter Selbsthilfegruppe am 24. Januar um 17 Uhr in Ober-Ramstadt. Anmeldung unter selbsthilfe.darmstadt@paritaet-projekte.org oder Telefon 06151/850 65 80.

Die Selbsthilfegruppe Frankfurt sucht Interessierte unter service@selbsthilfe-frankfurt.net

Infos zur bundesweiten Selbsthilfegruppe des LVS/PR: www.long-covid.me

Betroffene berichten über Husten, Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Muskelabbau, Angst, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche oder Apathie. Laut Christiane Schär vom Selbsthilfebüro Darmstadt sind 50 Prozent der Betroffenen nicht in der Lage in das Berufsleben zurückzukehren. Leider würden sie häufig von Angehörigen, Ärzt:innen oder bei der Arbeit nicht ernst genommen. Sie fühlten sich allein gelassen, nicht verstanden, nicht akzeptiert. Dies führe zur Isolation und einer verschlechterten Lebenssituation.

Long Covid: Bundesweite Onlne-Selbsthilfegruppe

Eine bundesweite online Selbsthilfegruppe hat der Landesverband Sachsen für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (LVS/PR) in Kooperation mit den Median-Kliniken gegründet. Circa 100 Personen würden an den Online-Treffen teilnehmen, sagt der Geschäftsführer des LVS/PR Michael Schäfer der FR. Die Gruppe stehe bundesweit jedem offen. Das Krankheitsbild bringe es mit sich, dass es schwierig sei, eine stabile Gruppe aufzubauen, da Long Covid wellenförmig verlaufe. „Mitglieder kommen dazu, dann geht es ihnen teilweise schlechter, dann bleiben sie wieder weg“, so Schäfer. Ein nächstes Onlinetreffen sei Ende Januar geplant.

Die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (Nakos) listet derzeit bundesweit knapp 70 Gruppen, bestehende oder geplante, die sich an Menschen mit Long Covid richten.

Gesundheitssystem kann Menschen mit Long Covid derzeit „nicht effektiv unterstützen“

Das Gesundheitssystem könne derzeit Menschen mit Post-Covid-Syndrom „nicht effektiv unterstützen, da der Fokus aktuell auf der Behandlung akut Erkrankter liegen muss“, schreibt das Darmstädter Selbsthilfebüro. Nichtsdestotrotz benötigten sie Studien zufolge eine umfangreiche und dauerhafte Betreuung durch Allgemeinmediziner, Lungenfachärzte, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten und andere Fachgruppen. Die Post-Covid-Ambulanzen, die für diese Zwecke in den Universitätskliniken organisiert wurden, seien jedoch überfordert.

In der Selbsthilfegruppe sollen die Menschen wieder ein Zugehörigkeitsgefühl bekommen, sich akzeptiert und integriert fühlen. Sie könnten ihre negativen aber auch positiven Erfahrungen miteinander austauschen und gemeinsam nach Problemlösungen suchen und sich gegenseitig stärken. Auch Akteure des Gesundheitssystems könnten für Inputs oder Beratungen eingebunden werden.

Zum Weiterlesen: Long Covid: Wenn man monatelang nicht richtig gesund wird

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