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Darmstadt: Grüne geben sich nach Wahlschlappe selbstkritisch

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Von: Jens Joachim

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Stadtrat Michael Kolmer, der unterlegene OB-Kandidat der Darmstädter Grünen schmerzt noch immer die Niederlage bei der Oberbürgermeisterwahl gegen Hanno Benz (SPD).
Stadtrat Michael Kolmer, der unterlegene OB-Kandidat der Darmstädter Grünen schmerzt noch immer die Niederlage bei der Oberbürgermeisterwahl gegen Hanno Benz (SPD). © Rolf Oeser

Partei bietet dem künftigen Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) eine „konstruktive Zusammenarbeit“ an. Scheidender OB Partsch kritisiert Wahlkampfslogan rückblickend als „falsch“.

Die Darmstädter Grünen haben am Dienstagabend während einer Mitgliederversammlung im Justus-Liebig-Haus zwei Stunden lang und durchaus selbstkritisch über die Wahlschlappe ihres Kandidaten Michael Kolmer bei der Oberbürgermeister-Stichwahl am 2. April diskutiert.

Kolmer hatte mit 45,3 Prozent der Stimmen gegen den SPD-Bewerber Hanno Benz, für den 54,7 Prozent votierten, den Kürzeren gezogen. Die Co-Parteivorsitzende Hildegard Förster-Heldmann kündigte an, es müssten „Konsequenzen“ nach der verlorenen Stichwahl gezogen werden. Personelle Konsequenzen wurden während der Versammlung, an der rund 80 Parteimitglieder teilnahmen, freilich nicht gefordert.

Allerdings kritisierte der Ende Juni aus dem Amt scheidende OB Jochen Partsch indirekt die Parteiführung, in dem er die vom Vorstand zu verantwortende Wahlkampagne mit der Parole „Darmstadt muss man können“ als „falsch“ und „nicht klug“ bezeichnete. Der Slogan habe „überheblich“ geklungen und auch das Vorurteil bedient, die Grünen wüssten alles besser.

Einstimmig wurde ein Antrag des Parteivorstands angenommen, in dem es hieß, Kolmer sei „der richtige Kandidat“ gewesen und in dem auf die „enormen politischen Erfolge“ der Grünen in den vergangenen Jahren verwiesen wurde, so Förster-Heldmann.

Mit Verweis auf den Koalitionsvertrag mit CDU und Volt sagte die Landtagsabgeordnete, die Grünen hätten „den Anspruch, eine Politik für ganz Darmstadt zu machen“. Das klang schon so wie die Aussage des künftigen OB Benz, „die ganze Stadt“ in den Blick zu nehmen. Zugleich wollen sich die Grünen wandeln, neue Gesprächsformate etablieren und auch „mitgliederoffene Arbeitsgruppen“ sowie Workshops zu verschiedenen Themen wie etwa zur Bürgerpartizipation in Stadtteilen oder Kommunikation anzubieten.

Kolmer beantworte zu Beginn die Frage, wie es ihm gehe, auf Englisch mit „I’m fine“. Gleichwohl sei der „Schmerz der Niederlage“ noch nicht gewichen. Die gute Vernetzung und breite Unterstützung in der Partei bezeichnete er als „Säule“ und „gute Grundlage“ für die Zukunft an. Selbstkritisch räumte er ein, bestimmten „Meinungsmachern“ in der Stadt zu wenig entgegengesetzt zu haben.

Auch sprach Kolmer von einer „Demobilisierung“. Viele Anhänger:innen seien sich offenbar „zu sicher gewesen“, dass er die Stichwahl gewinnen werde. Es habe sich aber gezeigt, dass „uns keine gebackenen Tauben zufliegen“. Gemäß dem einstimmigen Beschluss der Mitgliederversammlung, äußerte auch Kolmer, Benz das „Angebot für eine konstruktive Zusammenarbeit“ machen zu wollen. Eine wichtige Rolle komme in diesem Zusammenhang der Stadtverordnetenfraktion zu. Nach der „klaren Wahlniederlage“ gelte es nun, die eigene Stärke zu betonen und wieder zu wachsen.

Die Stadtverordnete Heike Böhler, die aus der Klimabewegung „Fridays for Future“ zu den Grünen gekommen ist, appellierte während der Versammlung dazu, „offener für kritische Stimmen“ zu sein und zugleich für die eigenen politischen Werte, Ziele und Inhalte einzustehen. „Wir können auch als Stadtverordnetenfraktion noch richtig viel bewegen“, sagte Böhler optimistisch.

Partsch äußerte, dass die Grünen auch in Darmstadt inzwischen auf viele Widerstände stießen, habe ihn „kalt erwischt“. Angesichts der „vielen klaren Erfolge“ in den vergangenen Jahren habe auch er die politische Situation „unterschätzt“. Partsch sprach in diesem Zusammenhang von einer „unverdienten Niederlage“. Über seinen designierten Nachfolger sagte er, Hanno Benz sei ein „erfahrener Politiker“. Es wäre aus seiner Sicht „klug und weise, schnell zu einer vernünftigen Kooperation mit dem künftigen Oberbürgermeister zu kommen“. „Wir können keinen Stillstand in der Stadtentwicklung gebrauchen“, mahnte der scheidende Oberbürgermeister.

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