Wegen Omikron: SPD fordert Beschäftigungsverbot für schwangere Lehrerinnen in Hessen

Mehrere Bundesländer haben wegen der Ausbreitung des Coronavirus schwangeren Lehrerinnen bereits ein Beschäftigungsverbot erteilt. Nadine Gersberg, die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, fordert angesichts der Omikron-Welle nun das hessische Kultusministerium auf, ebenso zu handeln.
Update vom Freitag, 14.01.2021, 20.15 Uhr: Die SPD-Landtagsfraktion fordert angesichts der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante des Coronavirus ein Beschäftigungsverbot für schwangere Lehrerinnen.
Der Schutz der Schwangeren und ihrer ungeborenen Kinder müsse an „vorderster Stelle stehen“, teilt Nadine Gersberg, die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, als Reaktion auf einen FR-Bericht mit.
SPD Hessen: Schwangere Lehrerinnen und ungeborene Kinder schützen
Gersberg kritisiert zugleich das Kultusministerium, das keinen Handlungsbedarf sieht. Wenn die Entscheidung, wie dies derzeit der Fall sei, individuell den Schwangeren überlassen werde, sich eventuell über eine ärztliche Krankschreibung freistellen zu lassen, werde „zu viel Druck“ auf die Frauen ausgeübt, moniert Gersberg.
Hinzu komme, dass viele Frauenärztinnen und -ärzte eine Krankschreibung nicht ausschreiben würden, wenn die Schwangere an sich gesund sei. Machten sie es doch, könne es zu Problemen mit der Ärztekammer kommen.
SPD-Sprecherin: Schwangere Lehrerinnen für Onlineunterricht einsetzen
Gersberg fordert zugleich, dass sich das Kultusministerium an den entsprechenden Handlungsempfehlungen des Sozialministeriums orientieren sollte, nach denen für Schwangere ein Einzelarbeitsplatz vorzusehen sei. Ein Beschäftigungsverbot, so die SPD-Landtagsabgeordnete, bedeute nicht, dass die schwangeren Lehrerinnen überhaupt nicht mehr eingesetzt werden könnten.
Denkbar sei, dass sie etwa nur für den Onlineunterricht eingesetzt würden. Für viele Schülerinnen und Schüler, die sich aus verschiedenen Gründen noch im Distanzunterricht befänden, seien die zusätzlichen Lehrerinnen „von großem Gewinn, um nicht abgehängt zu werden“.

Wegen Omikron: Hessen trifft Entscheidung über Beschäftigungsverbot bei Schwangeren
Erstmeldung vom Mittwoch, 12.01.2021, 18.28 Uhr: Im Gegensatz zu benachbarten Bundesländern will das hessische Kultusministerium keine Berufs- oder Beschäftigungsverbote für schwangere Lehrerinnen anordnen. Das hat Philipp Bender, der stellvertretende Sprecher des Ministeriums, auf Anfrage der FR mitgeteilt. Es seien „keine expliziten Sonderregelungen für schwangere Lehrerinnen geplant“.
In Bayern, Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen dürfen hingegen schwangere Lehrerinnen derzeit in der Regel nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden. Die baden-württembergische Kultusministerin Teresa Schopper (Grüne) hatte zu Beginn des Schuljahrs mitgeteilt, man sei mit einer entsprechenden Regelung Hinweisen aus dem Bundesfamilienministerium gefolgt. In Baden-Württemberg seien Anfang September 3300 Lehrerinnen schwanger gewesen.
Corona in Hessen: Schwangere Lehrerinnen sollen weiter unterrichten
Im Wiesbadener Kultusministerium gibt es laut Ministeriumssprecher Bender auch juristische Bedenken gegen eine solche Regelung. Stattdessen solle es „individuelle Lösungen“ geben. Letztlich könnten sich schwangere Lehrerinnen an ihren Arzt oder ihre Ärztin wenden, die entsprechende Atteste ausstellen könnten, um sie vom Präsenzunterricht zu befreien.
Nachdrücklich wies Bender die Vermutung zurück, der anhaltende Personalmangel sei möglicherweise der Grund dafür, dass es keine entsprechende Regelung wie in den benachbarten Bundesländern gebe. Letztlich müssten dann Schulleitungen und Schulämter Ersatzlösungen finden.
Schwangere Lehrerinnen in Hessen: SPD stellt Anfrage wegen Einsatz während Corona
Die SPD-Landtagsabgeordneten Lisa Gnadl, Bijan Kaffenberger, Nadine Gersberg und Christoph Degen, der auch bildungspolitischer Sprecher der Fraktion ist, haben bereits vor einem Monat eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt, in der es um den Einsatz von Schwangeren im Schuldienst geht.
Aus der Anfrage geht hervor, dass eine Freistellung schwangerer Lehrerinnen in Hessen nur noch erfolge, wenn sie nach aktuellem ärztlichem Attest dem Risiko eines besonders schweren Krankheitsverlaufs ausgesetzt seien. Aufgrund dieser Regelung würden „Beschäftigungsverbote offenbar seltener ausgesprochen und Anfragen von Schulleitungen an die Staatlichen Schulämter ignoriert“.
Corona in Hessen: SPD hakt beim Thema schwangere Lehrerinnen nach
Die vier Landtagsabgeordneten wollen nun von der Landesregierung auch wissen, wie viele schwangere Lehrerinnen sich in den vergangenen Monaten mit dem Coronavirus infiziert haben, wie viele derzeit vom Präsenzunterricht freigestellt sind und wer über ihren Einsatz im Präsenzunterricht anhand welcher Vorgaben entscheidet.
Sie fragen auch danach, wie viele Gefährdungsbeurteilungen gemäß dem Mutterschutzgesetz seit Beginn des Schuljahrs an den Schulen verfasst wurden und wie konkret damit umgegangen wird, wenn Schulleitungen nicht die Verantwortung übernehmen wollen, eine schwangere Lehrerin an ihrer Schule einzusetzen. Auch wollen die Abgeordneten wissen, welche Vorsichtsmaßnahmen es zum Schutz schwangerer Lehrerinnen im Präsenzunterricht und welche Einschränkungen zum Einsatz an den Schulen es für sie derzeit gibt.
Lehrkräfte in Hessen Arbeiten am meisten und bekommen dafür weniger als anderswo. Offene Schulen werden indes im Landtag in Wiesbaden einhellig begrüßt. Doch die Sorge um Gesundheit und verlässlichen Unterricht ist groß. Eine Schulseelsorgerin an einem Gymnasium in Wiesbaden berichtet unterdessen im Interview von Sorgen und Nöten von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrkräften, die sich „überfordert, nicht geschützt und alleingelassen“ fühlen.