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Bündnis fordert mehr Schutz für Frauen vor Gewalt in Hessen

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Von: Jutta Rippegather

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Es mangelt an Plätzen in Frauenhäusern.
Es mangelt an Plätzen in Frauenhäusern. © Sophia Kembowski/dpa

Hessen komme seinen Verpflichtungen nicht nach, sagt ein Bündnis. Das Land benötige doppelt so viele Plätze in Frauenhäusern.

Im Odenwaldkreis liegt eine Notmatratze im Kinderzimmer. In Wiesbaden muss das Frauenhaus Hilfesuchende in Einrichtungen für Wohnungslose oder Hotels unterbringen. Und in der Wetterau blockiert eine Mutter mit zwei Kindern seit eineinhalb Jahren ein Zwölf-Quadratmeter-Zimmer im Frauenhaus, weil sie keine Wohnung findet.

Hessen braucht ein Gesamtkonzept zum Schutz von Frauen. Das haben am Freitag in Wiesbaden Akteurinnen aus dem Bereich Frauen- und Gewaltschutz gefordert. Beratungsstellen und Frauenhäuser litten unter chronischer Unterfinanzierung. Es fehle eine Koordinationstelle, die sämtliche Aspekte bearbeitet. Das Thema habe viele Facetten: Der im ganzen Land herrschende Mangel an bezahlbarem Wohnraum erschwere die Arbeit der Helferinnen. Auch dass es kein Geld gebe für Frauen ohne Anspruch auf soziale Leistungen oder mit unklarem Aufenthaltsstatus. Zudem sieht das Bündnis Bedarf nach Fortbildung von Familienrichtern.

Anlass des Appells ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen am kommenden Montag und die Tatsache, dass Deutschland sich in der sogenannten Istanbul-Konvention verpflichtet hat, Gewalt gegen Frauen zu verhüten und zu bekämpfen. Jede vierte Frau in Hessen erlebe mindestens einmal im Leben physische oder sexuelle Gewalt, sagte Yasmin Alinaghi, Landesgeschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtverbands Hessen.

Istanbul Konvention

Das „Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ trat im Februar 2018 in Kraft.

Es verpflichtet zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, zum Schutz der Opfer und Bestrafung der Täter. Es zielt auf die Gleichstellung der Geschlechter. jur

Viele bleiben trotzdem bei ihrem gewalttätigen Partner, weil sie nicht wissen wohin: „Jeden Tag müssen wir Frauen in Gefahrensituationen abweisen“, sagte die Vertreterin der hessischen Frauenhäuser, Carola Dröse. 313 Zimmer mit 727 Betten für Frauen und Kinder gebe es derzeit. „Die Anzahl müsste mindestens verdoppelt werden.“ Die Beratungsstellen können den Bedarf nicht decken, ergänzte Heike Schlott als Sprecherin der Interventions- und Beratungsstellen. Präventionsangebote etwa seien nicht vollumfänglich möglich. Es fehle die Zeit, um Kinder und Erwachsene für das Thema zu sensibilisieren.

Rückendeckung erhielt das Bündnis von der Opposition und Michael Rudolph, dem Vorsitzenden des DGB Hessen. Der Gewerkschaftschef forderte „ein hessenweites, bedarfsdeckendes Angebot an Frauen- und Kinderschutzhäusern sowie spezialisierte Fachberatungsstellen“. Zu berücksichtigen seien Fragen der Barrierefreiheit und die Situation der Kinder.

SPD und Linke kündigten an, bei den Haushaltsberatungen Mittel zur Umsetzung der Istanbul-Konvention zu fordern und die Zuwendungen für den Gewaltschutz aufzustocken. Das hessische Hilfsangebot sei ein „löchriger Flickenteppich“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Lisa Gnadl. „Das ist ein unhaltbarerer, beschämender Zustand für unser Bundesland.“

Frauenhäuser seien überfüllt, Schutz zu erhalten häufig abhängig vom Wohnort. Auch die medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigungen werde in Hessen immer noch nicht flächendeckend angeboten.

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