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Bewährungsstrafe für Schlägertrupp

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Von: Annette Schlegl

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Mordprozess vor dem Landgericht Darmstadt.
Mordprozess vor dem Landgericht Darmstadt. © dpa

Faustschläge, Tritte, Morddrohungen: Bei einem Streit wegen eines Gebrauchtwagens wird ein Autohändler in Dreieich von vier Männern gequält. Das Schöffengericht verhängt Bewährungsstrafen für die beiden Haupttäter.

Eineinhalb Stunden hat das Martyrium gedauert, das ein Dreieicher Autohändler am 30. November 2016 durchleben musste. Vier Täter schlugen und traten ihn, entführten ihn im Kofferraum, drohten ihm und seiner Familie mit dem Tod. Die zwei Haupttäter wurden am Mittwoch am Landgericht Darmstadt zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt, sowie 5000 bzw. 3000 Euro Schmerzensgeld verurteilt; zudem verhängte es ein Annäherungsverbot an das Opfer. Damit kamen sie noch gut davon, meinte die Vorsitzende Richterin Cornelia Hartmann-Grimm bei der Urteilsverkündung. „Man hätte auch ganz gut dreieinhalb Jahre ohne Bewährung geben können.“

Schon gleich nach Prozessbeginn hatten sich die Verfahrensbeteiligten darauf verständigt, den Fall rechtlich anders zu bewerten und die Anklage umzuwandeln, weil dem Opfer nichts gestohlen wurde und die Täter Geständnisse zusagten. So wurden die 56- und 25-jährigen Haupttäter nicht wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und schwerem Raub verurteilt – darauf stehen mindestens drei Jahre Haft –, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Freiheitsberaubung.

Das Schöffengericht schöpfte den dafür vorgesehenen Strafrahmen allerdings komplett aus und folgte damit dem Plädoyer des Staatsanwalts und der Vertreterin der Nebenklage. Die Verteidiger der beiden Haupttäter hatten jeweils eine Verurteilung am unteren Strafrahmen mit einem Jahr und acht Monaten gefordert.

Der dritte Angeklagte wurde lediglich wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Freiheitsberaubung verurteilt. Er bekam sechs Monate zur Bewährung auf drei Jahre und muss 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Der 27-jährige Frankfurter war nur rund 20 Minuten am Tatort und hatte der Polizei den vierten Tatbeteiligten genannt, der sich in einem gesonderten Verfahren zu verantworten hat.

Der Dreieicher Autohändler hatte einem 56-Jährigen für 5800 Euro einen Mercedes verkauft, der schon am Tag danach nicht mehr anspringen wollte. In den Folgetagen gab es weitere Probleme mit dem Wagen, bei dem laut Angeklagten der Tacho manipuliert worden war: Statt der angezeigten 100 000 Kilometer sei das Fahrzeug 400 000 Kilometer gelaufen.

Der Autokäufer wollte dann keine weitere Nachbesserung mehr, sondern die Rückabwicklung des Kaufvertrages – und erschien mit dreiköpfiger Verstärkung auf dem Firmengelände. Eine Überwachungskamera filmte, wie der Autohändler mit Fäusten und Füßen traktiert, mit Feuerlöscher-Pulver besprüht, niedergeworfen und über den Boden geschleift wurde. Im Anschluss fuhr man mit ihm zur Bank, hob von seinem Konto 800 Euro ab und wollte die PIN seiner zweiten Bankkarte haben. Als er sich weigerte, folgte die Kofferraum-Fahrt in den Wald. Dort traktierte ihn der Schlägertrupp erneut und ließ ihn am Benzinkanister riechen. Dann fuhr man zurück und ließ das Opfer frei.

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