Beschwerlicher Weg für die Schülerin Deniz Ohde in Frankfurt

Deniz Ohde hat kämpfen müssen, bis sie zur Abiturientin, Germanistik-Studentin und Bestseller-Autorin wurde. Ihr ehemaliger Deutschlehrer erinnert sich.
Es ist nicht unbedingt ein Hohelied auf die Schule, das Deniz Ohde in ihrem Roman „Streulicht“ singt. Vielmehr ist die Schule in dem Buch ein Ort, an dem Kinder mangelnde Unterstützung erfahren und kaum individuell gefördert werden. Vor allem die Lehrkräfte am ersten Gymnasium der Ich-Erzählerin bekommen ihr Fett weg. Sie sind pädagogische Versager und zumeist persönlich gescheitert. Der Sportlehrer etwa wollte Leichtathlet werden und schaut nun schadenfroh zu, wie die kleine Ich-Erzählerin sich abplagt.
Im Roman bleibt die Schule namenlos, die Gymnasiastin Ohde besuchte die Helene-Lange-Schule im Frankfurter Stadtteil Höchst. Dort ist dann für sie nach der neunten Klasse Schluss. „Wird in die höhere Klassenstufe nicht versetzt“ und „muss die Schulform verlassen“, heißt es dazu im Roman. Nach einer Phase der Desorientierung beschließt die Ich-Erzählerin, ihren Realschulabschluss an einer Abendschule in Sachsenhausen nachzuholen. Dort wird sie darin bestärkt, es doch noch mit dem Abitur zu versuchen, und landet schließlich wieder auf einem Gymnasium, das auch jungen Erwachsenen eine Chance gibt.
Auch dieses Gymnasium bleibt namenlos, ist aber leicht zu enttarnen. Es ist die Max-Beckmann-Schule in Bockenheim. Steffen Schwarz ist dort Deutschlehrer und hat seinerzeit auch die Schülerin Ohde unterrichtet. „Die Parallelen zu unserer Schule sind so deutlich“, findet Schwarz. Etwa, als im Roman der Weg zum Direktor beschrieben werde. Denise, wie sie sich damals noch nannte, sei sehr zurückhaltend gewesen. „Sie war gut, aber ziemlich still“, so Schwarz. Diese Einschätzung verwundert nicht und deckt sich mit dem Charakter der Ich-Erzählerin im Roman, die teilweise noch auf beharrliche Aufforderungen der Lehrer schwieg.
Das hat sich mittlerweile geändert. Ohde war schon in der Aula der Max-Beckmann-Schule zu einer Lesung. „Sie hat völlig frei erzählt, so kannte ich sie gar nicht“, wunderte sich Schwarz über seine ehemalige Schülerin. Eine besondere Beziehung zu der heutigen Schriftstellerin hat Schwarz nicht aufgebaut. „Sie saß ziemlich weit hinten, war unscheinbar, wir kamen kaum ins Gespräch.“ Die Erinnerung an seine ehemalige Deutsch-Schülerin und heutige Bestseller-Autorin sei zunächst auch nicht sehr lebendig gewesen, als er von dem Roman erfuhr: „Das ist zu lange her, ich war auch nicht ihr Tutor.“
Dennoch wurde gemeinhin gemutmaßt, bei jenem Deutsch-Lehrer „Herr Schiller“ im Roman handele es sich um Herrn Schwarz. „In der Figur habe ich mich wiedergesehen“, sagt Schwarz selbst und findet, der fiktive Name passe gut, weil Ohde bei ihm im Abitur über Friedrich Schiller geschrieben habe.
Die Autorin selbst aber ist auf die Mutmaßung Schiller-Schwarz angesprochen eher perplex: „Herr Schwarz war ein sehr guter Deutschlehrer und ich verdanke ihm sehr viel, aber ich habe bei der Figur Schiller überhaupt nicht an ihn gedacht“, so Ohde.
Einerlei, die Herren Schwarz und Schiller haben es geschafft, dass die Autorin und die Ich-Erzählerin doch noch ihr Abitur gemacht, Germanistik studiert und Frankfurt diesen tollen Roman beschert haben.