Aus Peru in den Taunus

Erzieherinnen aus Südamerika sollen Mangel lindern
bad homburg - Not macht erfinderisch, öffnet den Horizont für neue Wege und Lösungen. Und mit etwas Mut kommt ein Resultat zustande, das zurecht als „Win-win-Situation“ bezeichnet werden darf.
Allison Alarcón Rojas sitzt inmitten von Journalisten (sogar ein Fernsehsender ist gekommen!) und erzählt in flüssigem Deutsch, wie es sie aus Peru in die Löwengruppe der Kita Leimenkaut verschlagen hat. Ihr Traumberuf als Erzieherin, in dem die Chancen in der Heimat eher bescheiden sind, hat die 25-Jährige über den großen Teich geführt. Denn auf der anderen Seite (der Welt) macht der oft beschriebene Fachkräftemangel vor Bad Homburg nicht Halt, wenngleich Eva Jethon, Fachbereichsleiterin der städtischen Kindergärten, betont, dass die Situation in der Kurstadt noch „verhältnismäßig gut“ sei.
Als das Angebot von „TalentOrange“ auf ihrem Schreibtisch landete, war Jethon gleich interessiert, zumal die Stadt mit der Anwerbung von Erzieherinnen aus Spanien in den vergangenen zwei Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Sieben Fachkräfte sind in unbefristeten Vollzeitstellen angestellt, die achte hat nicht nur ihr berufliches, sondern auch ihr privates Glück in Deutschland gefunden, wenngleich nicht in Bad Homburg.
Bei den Kindern kommen sie gut an
So kam Allison Alarcón Rojas, die einen Bachelor in Erziehungswissenschaften und drei Jahre Berufserfahrung hat, an einem trüben Novembertag - gemeinsam mit ihren Kolleginnen Carmen Medrano Mondragón aus Peru (Kita Hausmannspark) und Alejandra Santoyo Alemán aus Kolumbien - nach Bad Homburg. Ab Ende März verstärkt Katering Monsalve Mejia aus Kolumbien die Kita Ober-Erlenbach. Vom Team um Kita-Leiter Christopher Denfeld und den Kindern wurde sie herzlich empfangen: „Wir haben im Team besprochen, dass wir sehr gerne etwas Neues entwickeln. Ein anderer Kontinent, das war schon sehr interessant. Und wir haben uns viele Gedanken gemacht, was wir ihr Gutes tun können, und wollten ihr Zeit geben. Aber die Kinder nahmen sie im wahrsten Sinne des Wortes einfach an die Hand. Es gibt keinen besseren Ort, Deutsch zu lernen und sich zu integrieren als einen Kindergarten“, so Denfeld.
Schnell machte die junge Frau einen großen Unterschied zur Pädagogik in ihrer Heimat aus: „Ich war erstaunt, dass die Kinder hier so selbstständig sind, sehr viel allein machen, wenig Hilfe brauchen.“ Peruanische Kitas seien schulischer getaktet, und die Kinder müssten viel stillsitzen. Schon als Kind habe sie sich für fremde Ländern und Kulturen interessiert, „jetzt hat sich mein Kindertraum erfüllt“, sagt sie lachend. Weil ihr Repertoire an deutschen Kinderliedern noch begrenzt ist, singt sie auch mal ein spanisches. Und wie von selbst singen dann immer mehr Kinder den Refrain mit. Die Eingewöhnung fiel der 25-Jährigen relativ leicht. Gemeinsam mit Carmen Medrano wohnt Allison in Burgholzhausen und hat sich schon einen international geprägten Freundeskreis aufgebaut. Natürlich fehlt ihr die Familie, doch „ich habe großes Glück, meine ganze Familie besucht mich im Mai“. Auch peruanisches Essen vermisst die Südamerikanerin, aber mit Schnitzel, Pommes und Soße hat sie eine gute Alternative entdeckt. „Ich bin ganz, ganz dankbar für die Möglichkeit, hier zu sein, und die unglaubliche Erfahrung, so viele Sachen und Leute kennenzulernen. Ich glaube, wenn ich mal 80 bin, werde ich mich noch immer gerne an diese ersten Monate hier erinnern.“