1. Startseite
  2. Rhein-Main

Aus Kolumbien nach Hessen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Peter Hanack

Kommentare

Erzieherin Paulina de los Angeles Guajardo Serra, Alexia und Magnus drucken mit Linolfarbe Bilder.
Erzieherin Paulina de los Angeles Guajardo. © epd

Die Agentur Talent-Orange aus Frankfurt schult und vermittelt Arbeitskräfte aus dem Ausland.

Bei Pflegekräften gibt es das schon lange, bei Erzieherinnen scheint sich gerade ein neuer Markt zu etablieren: Arbeitskräfte kommen aus dem Ausland, um hier die klaffenden Lücken in der Personalausstattung der Kindergärten und Tagesstätten zu schließen. Die ersten zehn jungen Frauen aus Südamerika werden schon bald ihre Stellen in den Kommunen des Rhein-Main-Gebiets antreten.

Akquiriert, geschult und vermittelt werden sie von Talent-Orange, einer Agentur mit Sitz in Frankfurt, die bereits seit mehr als zehn Jahren im Geschäft mit Pflegepersonal aus dem Ausland ist. War es ursprünglich Spanien, aus dem viele Arbeitskräfte nach Hessen kamen, konzentriert sich Talent-Orange seit einiger Zeit auf Südamerika.

Vertrauen ist wichtig

„Das Wichtigste, um solche Menschen zu gewinnen, ist Vertrauen“, sagt Geschäftsführer Tilman Frank. Über die Jahre hinweg sei ein entsprechendes Vertrauensverhältnis zu den Hochschulen in den jeweiligen Herkunftsländern entstanden, sagt er, der auch selbst die Länder bereist, um mögliche Teilnehmerinnen für die Qualifizierungsmaßnahmen kennenzulernen. Der erste Kontakt finde zumeist in einem Video-Call statt. „Am Ende aber muss man sich persönlich treffen, das geht nicht per Fernbedienung“, wie er sagt. Zumal die Arbeit in Deutschland in der Regel bedeute, dass die jungen (zumeist) Frauen zum ersten Mal von ihrer Familie getrennt würden.

Aktuell bereiten sich acht Frauen aus Kolumbien und zwei aus Peru auf die Arbeit im Rhein-Main-Gebiet vor. Sie lernen ein halbes Jahr intensiv Deutsch und erhalten für diese Zeit ein Stipendium, das dem des örtlichen Mindestlohns entspricht, wie Frank berichtet. Das seien etwa 300 Euro im Monat.

Fast 10 000 Euro Kosten

Für die Teilnehmerinnen ist die Qualifizierung kostenlos. Talent-Orange finanziert den Deutschkurs und das Stipendium vor. Insgesamt gehe es dabei um rund 8500 Euro, sagt Frank. Komme es zu einer Vermittlung an einen Arbeitgeber, zahle der der Agentur ein Honorar. „Das sind etwas weniger als 10 000 Euro“, berichtet Frank.

Inzwischen entwickele sich bei den Kommunen die Erkenntnis, dass sich die Ausgaben lohnten, wolle man die freien Stellen in absehbarer Zeit besetzen. Zumal Zeitarbeit die Arbeitgeber noch teurer komme.

„Kein brain drain“

Dem Vorwurf, Ländern wie Kolumbien oder Peru die dort gut ausgebildeten Arbeitskräfte zu entziehen, begegnet Frank mit dem Argument, dass nur dort rekrutiert werde, wo Länder über den eigenen Bedarf hinaus ausbildeten. Bei der Auswahl der Teilnehmerinnen achte man darauf, dass diese tatsächlich aufgrund ihrer Persönlichkeit für einen längeren Auslandsaufenthalt geeignet seien.

Von den Pflegekräften, die bisher im Mittelpunkt der Arbeit von Talent-Orange standen, seien nach fünf Jahren immerhin noch 96 Prozent geblieben, berichtet Frank. Er geht davon aus, dass dies auch bei den zehn neuen Erzieherinnen gelingen werde. Sie haben bereits Kontakt zu ihren künftigen Arbeitgebern, zwei Kommunen im näheren Umfeld Frankfurts, die allerdings noch nicht genannt werden wollen, bis alles unter Dach und Fach ist.

Siehe Interview mit der Erzieherin Alejandra Maestre, die erzählt, warum sie aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogota nach Hessen kommt.

Auch interessant

Kommentare