Arbeitsgericht Frankfurt: Klage gegen Bad Homburg abgewiesen
Arbeitsgericht lehnt Schmerzensgeld wegen Rassismus und Mobbing ab, weil Stadt nicht verantwortlich sei. Gütliche Einigung scheitert, Berufung vor Landesarbeitsgericht angekündigt.
Richter Dominik Zweigler will die Sache am liebsten gar nicht entscheiden und an ein Gütegericht abgeben. Das lässt er am Dienstag in der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Frankfurt mehrfach durchblicken. Doch die beiden Parteien sind unversöhnlich. Auf der einen Seite eine Stadtpolizistin, die über Mobbing, Rassismus und Sexismus in ihrer Dienstgruppe klagt, auf der anderen Seite zwei Vertreter der Stadt Bad Homburg, die finden, in ihrer Behörde laufe alles super. Schon beim ersten Treffen im November vorigen Jahres hatte die Kammer vergeblich versucht, beide Seiten zu einer gütlichen Einigung zu bewegen.
Irgendwie hat Zweigler wohl in den vergangenen Monaten doch noch auf eine Einigung beider Parteien gehofft, denn zur mündlichen Verhandlung hat er keine Zeuginnen oder Zeugen geladen. Kursorisch zählt er noch einmal auf, welche Entgleisungen die derzeit krankgeschriebene Stadtpolizistin in ihrer Klage vorgetragen hat. Dabei geht es um Äußerungen der Kollegen, die in der Behörde oder auf Streifenfahrten gefallen sein sollen. Antisemitische („Juden, dass es euch noch geben muss“), islamophobe („Schokonikoläuse könnt ihr fressen, aber feiern tut ihr’s nicht“), sexistische („Bück dich, du Luder“) oder auch rassistische („Du schwarzer Esel müsstest umgefahren werden“).
Die Stadt bestreitet alle diese Vorwürfe. Die genannten Äußerungen seien so nicht gefallen oder in einem bestimmten Kontext. Beim „schwarzen Esel“ etwas, der umgefahren werden müsse, habe es sich um eine Bemerkung zur Verkehrssicherheit bei Dunkelheit gehandelt. Einen Güterichter lehnt die Stadt Bad Homburg ab – dann würden die strittigen Vorwürfe ja als zutreffend erachtet werden. Die Stadt beklagt einen „Vertrauensverlust“ zur Angestellten, auch weil diese nicht in letzter Konsequenz das Gespräch mit der Personalverantwortlichen ihrer Abteilung gesucht habe, sondern sich lieber einen Anwalt genommen habe, der ihr die Krankschreibung empfahl. Statt eines Gütetermins bevorzugt die Verwaltung eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrags, sprich, sie will der Klägerin eine Abfindung zahlen.
Klägerinnenanwalt Dirk Sommer betont hingegen, dass seine Mandantin nicht in erster Linie Geld wolle. Ihr gehe es vielmehr darum, die Vorfälle aufzuklären. Denn eine Äußerung gegenüber der Kollegin mit türkischen Wurzeln („So lange wie du hat noch keine durchgehalten“) legt nahe, dass die 29-Jährige nicht das erste Opfer solcher verbalen Entgleisungen in ihrer Dienstgruppe ist. Die Stadt jedoch lasse jeglichen Aufklärungswillen vermissen, was Sommer für „verwerflich“ hält. Bei den Aussagen der beschuldigten Kollegen wittert er Absprachen.
Das wollen die Beklagten nicht auf sich sitzen lassen. Ein hoher städtischer Verwaltungsmitarbeiter führt aus, man habe alle betroffenen Kollegen unabhängig voneinander und gleichzeitig befragt, und er sei „sehr positiv überrascht“ über manche Äußerungen gewesen. Der oberste Personalverantwortliche der Stadt verweist auf das jahrelang erarbeitete Leitbild und aufgelegte Broschüren zu Themen wie sexueller Belästigung am Arbeitsplatz .
Für die konkrete Klage vor dem Arbeitsgericht hilft solche Imagepflege nicht weiter. Rechtsanwalt Sommer führt noch einmal aus, er halte eine Mediation „nicht für das Schlechteste“; die Gegenseite lehnt dieses Mittel nach wie vor ab. Richter Zweigler wirft noch die Frage auf, ob die Stadt Bad Homburg für Verfehlungen innerhalb einer Dienstgruppe ihrer Stadtpolizei überhaupt zuständig sei, beziehungsweise dafür mit einem Schmerzensgeld belegt werden dürfe.
Als alle Versuche einer gütlichen Einigung schließlich gescheitert sind, kündet die Kammer ein Urteil in der Sache für den Nachmittag an. „Klage abgewiesen“ heißt es dann von der Pressestelle in dürren Worten. Eine schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.
Diese will Rechtsanwalt Sommer noch abwarten, ist sich aber schon ziemlich sicher, eine Berufung vor dem Landesarbeitsgericht anzustreben. Dort will er klären lassen, ob eine Kommune nicht doch für die Vorfälle innerhalb ihrer Stadtpolizei verantwortlich ist.