Anschlag von Hanau: Vater des Attentäters terrorisiert die Opferfamilien weiter
Der Vater des Attentäters von Hanau belästigt und verängstigt Hinterbliebene. Trotz gerichtlich angeordnetem Kontaktverbotes ist er nicht zu stoppen.
Hanau – Hans-Gerd R., der Vater des rassistischen Attentäters von Hanau, darf sich Serpil Temiz Unvar weiterhin nicht nähern oder sie kontaktieren. Das Verbot, bei dem er 30 Meter Abstand halten muss, gilt vorerst bis Frühjahr. Die Mutter des am 19. Februar 2020 ermordeten Ferhat Unvar hatte dies gerichtlich durchgesetzt, nachdem R. wiederholt vor ihrem Haus aufgetaucht war, sie angesprochen und geängstigt hatte.
Hans-Gerd R. legte gegen die Entscheidung, die im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes getroffen wurde, Widerspruch ein. Doch zu einem Termin vor dem zuständigen Familiengericht am Amtsgericht Hanau zu Wochenbeginn, bei dem darüber verhandelt werden sollte, erschien er nicht. Somit bleibt es bei dem Kontakt- und Näherungsverbot.

Anschlag in Hanau: Vater des Attentäters droht Hinterbliebener
Diesem hat R. sich offenbar wiederholt widersetzt oder es zumindest versucht. Um einen Platzverweis durchzusetzen, nahm ihn die Polizei vor etwa einem Monat für eine Nacht in Gewahrsam. Nach jüngsten Angaben der Staatsanwaltschaft Hanau laufen 24 Ermittlungsverfahren gegen ihn, 21 wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz und drei wegen mutmaßlichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamt:innen. Ein Verfahren wegen Nachstellung sei eingestellt worden.
Terror in Hanau
Online-Dossier: Die Frankfurter Rundschau begleitet seit dem rassistischen Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020 die Familien - und analysiert die politischen Konsequenzen. Gebündelt im Online-Dossier „Terror in Hanau“.
Multimedia-Reportage: FR-Redakteurin Yağmur Ekim Çay und FR-Redakteur Gregor Haschnik haben mit Hinterbliebenen gesprochen, ihre Geschichte und den Stand der Recherchen aufgeschrieben. Fotograf Michael Schick hat die Menschen porträtiert und die Orte des Geschehens und des Gedenkens in Bildern festgehalten. Crossmedia-Redakteurin Monika Gemmer hat eine multimediale Web-Story mit interaktiven Grafiken produziert.
Einmal sprach R. Serpil Temiz Unvar an und fragte sie laut Gedächtnisprotokoll unter anderem, weshalb sie nach Deutschland gekommen sei und wie sie sich das Haus leisten könne. Ein anderes Mal stellte er sich mit seinem Schäferhund vor dem Fenster auf und suchte Blickkontakt. Aufnahmen, die der FR vorliegen, bestätigen dies.
Nach dem Anschlag von Hanau: Vater des Attentäters verängstigt Schüler
Zudem gab es einen Vorfall an der nahe gelegenen Heinrich-Heine-Grundschule: R. soll mit seinem Hund an den Schulzaun getreten sein. Nachdem ein Kind ihn beleidigt habe, habe er gedroht, dass er wiederkomme und dann etwas Schlimmes passieren werde. R. soll nach wie vor öfter am Zaun vorbeigehen, was Kindern Angst und Eltern Sorgen bereite, sagt Serpil Temiz Unvar. „Das ist eine große Belastung. Er ist unberechenbar, betreibt Psychoterror. Muss erst etwas passieren?“
Derweil sieht R. sich und seinen Sohn weiter als Opfer, beleidigt und verleumdet. Nach FR-Informationen droht er auch Unvar mit rechtlichen Schritten. Er stellt Schadenersatzforderungen und kündigt an, gegebenenfalls ein Ordnungsgeld von einer halben Million Euro zu beantragen. Sein Zuhause bezeichnet er in diversen Schreiben als „Gedenkstätte R.“. (Gregor Haschnik)