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Corona-Krise
An Fakten orientieren
- vonJutta Rippegatherschließen
Wahlkampf und besonnene Corona-Politikpassen schwer zusammen. Ein Kommentar.
Es ist ein Ritual. Wenige Tage vor der nächsten Corona-Gesprächsrunde mit der Kanzlerin bringen sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in Stellung. Streuen ihre Vorschläge unters Volk. Eine der rühmlichen Ausnahme war bisher Hessen. Von dort kam kaum ein Vorab-Störfeuer, das die Menschen eher irritiert, weil es falsche Hoffnungen weckt. Auch diesmal, sagt Volker Bouffier (CDU) am Donnerstag in der Staatskanzlei, warte Hessen die Beratung mit der Kanzlerin ab. Strebe bundesländereinheitliche Regeln an. Bei der Veranstaltung der CDU-Fulda klang das anders: „Sehr schnell“ wolle er die vorsichtige Öffnung der Läden nach dem 4. März in Angriff nehmen. Zur Not auch im Alleingang.
Wahlkampf und besonnenes Navigieren in der Corona-Krise. Ein an der Wissenschaft orientierter Balanceakt, der dem Politprofi nicht liegt. Da kann Bouffier am Donnerstag noch so oft betonen, sämtliche Lockerungspläne stünden unter Vorbehalt einer positiven Entwicklung bei den Infektionen. Wenn dem so wäre, dürfte es eigentlich aktuell keine Erleichterungen geben. Die Sieben-Tage-Inzidenz stagniert seit Tagen – von dem jüngst neu gesteckten Ziel 35 ist im Perspektivplan schon nicht mehr die Rede.
Der Druck ist groß. Die Menschen sind coronamüde, der Protest der Wirtschaft ist fordernd, die Zufriedenheit mit der Krisenpolitik nimmt ab. Wie Balsam wirkt die Ankündigung von Lockerungen. Das sichert Wählerstimmen. So wie die vorgezogenen Impfungen des Personals von Schulen und Kitas. Länger warten müssen stattdessen Schwerkranke mit erhöhtem Risiko, an Covid-19 zu sterben. Ihnen fehlt die Lobby.
Dem grünen Koalitionspartner geht der Landesfürst zu weit. Ungewohnt deutlich kritisiert Fraktionschef Mathias Wagner die „markigen Forderungen im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz“. Recht hat er. Wir brauchen nicht noch einen wie CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der Schnelltests und vieles mehr verspricht, was er nicht halten kann. Wir brauchen eine Politik, die sich an Fakten orientiert. Nicht an Wahlen.