Akuter Mangel in der Kurzzeitpflege

Viele Anfragen, viel zu wenige Plätze / Unterversorgung belastet Angehörige von Pflegebedürftigen
Hochtaunus - Die allermeisten Pflegebedürftigen werden in der vertrauten Umgebung zu Hause von der Familie versorgt. Für die Pflege eines Menschen verantwortlich zu sein verändert den eigenen Alltag gehörig. Schnell droht ein Raubbau an Körper, Geist und Seele. Regelmäßige Auszeiten im Alltag sind dann ebenso nötig wie ein Erholungsurlaub. Doch wohin mit den Pflegebedürftigen in dieser Zeit? Plätze für die Tages- und Kurzzeitpflege sind deutschlandweit Mangelware - auch im Kreis ist die Lage dramatisch. Vollstationäre Pflegeheime im Hochtaunuskreis bieten Kurzzeitpflege zumeist nur in „eingestreuter Form“ an. Das bedeutet, dass pflegebedürftige Menschen nur dann vorübergehend zur Kurzzeitpflege aufgenommen werden können, wenn ein Platz - durch den Tod von Bewohnern - frei wird und der nächste vollstationäre Einzug noch nicht geplant ist. „Wir legen erst gar keine Warteliste für Kurzzeitpflege an, da die Betroffenen das Zimmer sofort brauchen und nicht warten können“, teilt Einrichtungsleiterin Ute Krostitz vom Altenpflegeheim „Haus am Urselbach“ in Oberursel mit. Das Problem: Solitäre Plätze werden nicht voll gegenfinanziert, und freie Plätze können sich die Einrichtungen nicht leisten. Wenigstens die Fixkosten müssten gedeckt sein, fordern Experten. Yvonne Haschke, Geschäftsführerin des Kurstifts in Bad Homburg, weist zudem darauf hin, dass der administrative und organisatorische Aufwand bei einer Neuaufnahme - ganz egal, ob diese dauerhaft oder nur für zwei, drei oder vier Wochen erfolgt - identisch sei.
Zu großer bürokratischer Aufwand
Damit übersteigt der bürokratische Aufwand für die Aufnahme - genau wie die Finanzierung - oft den wirtschaftlichen Nutzen für die Heime durch den relativ kurzen Aufenthalt in der Pflegeeinrichtung. Die Bewohner wechseln häufig, zwischen den Belegungen stehen Zimmer immer wieder für ein paar Tage leer. Das Personal muss trotzdem bezahlt werden. Da ist es für die Einrichtungen oftmals rentabler, ihre Zimmer mit Langzeitbewohnern - wo ebenfalls ein gewaltiger Bedarf herrscht - zu belegen, als mit Kurzzeitpflege zu blockieren. „Aufgrund des hohen Fachkräftemangels und des demografischen Wandels sehe ich ohne politische Unterstützung in Form einer kompletten Gesundheits- und Pflegereform keine Chance, dass es dauerhaft ein ausreichendes und gutes Versorgungsangebot geben wird“, sagt Haschke. Der Gesetzgeber stehe in der Pflicht und müsste die Bedingungen schaffen, damit es sich für die Einrichtung finanziell lohnt, Betten für die Kurzzeitpflege freizuhalten. Nur wenn es mehr solitäre Plätze gibt, könne sicher geplant werden. Das „Haus Luise“ in Dornholzhausen kann immerhin zwei kleine Gastzimmer für eine geplante Kurzzeitpflege bereithalten. „Diese werden meist genutzt, wenn pflegende Angehörige bei eigenem Urlaub oder Kuraufenthalten ihre Abwesenheit überbrücken müssen“, teilt Qualitätsmanagerin Annika Thimme-Frowerk mit. Kurzzeitpflege sei für pflegende Angehörige enorm wichtig, um den Spagat zwischen Pflege, eigenen beruflichen und familiären Verpflichtungen sowie der ebenfalls nötigen eigenen Erholung meistern zu können.
Doch nicht nur Angehörige suchen nach Plätzen: „Oft melden sich Krankenhäuser, die für Patienten anfragen, bevor diese wieder ambulant zu Hause versorgt werden können“, berichtet EVIM-Geschäftsführer Frank Kadereit mit. In den hiesigen EVIM-Altenpflegeheimen Flersheim-Stiftung (Bad Homburg) und Kortheuer-Haus (Usingen) werden jedoch auch nur ein paar wenige Kurzzeitpflegeplätze angeboten. „Fast täglich erhalten wir entsprechende Anfragen von Privatpersonen und auch von Krankenhäusern“, lässt auch die Alloheim-Seniorenresidenz in Schmitten wissen. Gleiches ist aus dem „Haus Emmaus“ in Oberursel zu hören: „Die Nachfrage ist sehr groß, besonders in der Ferien- und Urlaubszeit haben wir viele Anfragen.“
Oft müssen die Angehörigen dann vertröstet werden. Vielen bleibt da nur, hartnäckig nachzufragen oder über den Landkreis hinaus auf die Suche zu gehen.