E-Akte: Verfahrensakten an hessischen Sozialgerichten nur noch digital

Die Sozialgerichte in Hessen führen flächendeckend die E-Akte ein. Auch KI-erstellte Klagen werden erwartet.
Seit April arbeiten Richterinnen und Richter und Justizangestellte an den hessischen Soazialgerichten flächendeckend mit der elektronischen Akte. „Ab Juni werden alle neuen Verfahren ohne Papierakte geführt“, kündigte Alexander Seitz, Präsident des Landessozialgerichts, am Mittwoch bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Darmstadt an. Bundesweit ist die E-Akte an Gerichten bis 2026 geplant.
Die Sozialgerichte seien damit die ersten Gerichte in Hessen, die die E-Akte vollständig umsetzen. In Hessen gibt es sieben Sozialgerichte, unter anderem in Frankfurt, Gießen und Wiesbaden. Sitz des übergeordneten Landessozialgerichts (HLSG) ist Darmstadt. Im vergangenen Jahr wurden an den Sozialgerichten 21 360 Verfahren und am Landessozialgericht 1920 Verfahren abgeschlossen. Man habe im Rahmen von Pilotprojekten in Kassel und Darmstadt die erforderlichen Vorgehensweisen erarbeitet. Mittlerweile laufe die neue Software zuverlässig und werde im Regelbetrieb Tag für Tag genutzt. Laut Seitz liegen die Vorteile unter anderem in der Zeitersparnis: „Mehrere Personen können gleichzeitig an einer Akte arbeiten und das von überall.“ So könnten notwendige Ermittlungsschritte auch eingeleitet werden, wenn die Akten zum Beispiel an Sachverständige übersandt wurden. Außerdem falle die Zeit für den Postweg weg. Derzeit arbeite man noch parallel auf Papier und elektronisch, was eine Doppelbelastung sei.
E-Akte bei Gericht: KI erstellte klagen erwartet
Künftig werden laut Seitz alle Original-Papierdokumente nach dem Einscannen entweder an die Betroffenen zurückgesandt oder vernichtet. Allerdings beobachte man, dass bereits viel weniger Papierdokumente eingingen. Auch sollen Richter:innen künftig mit mobilen Geräten zu den Verhandlungen erscheinen. Auch das Thema künstliche Intelligenz (KI) hat die Gerichte schon erreicht, wenngleich der Rahmen noch nicht abzusehen sei, so Seitz. Es gebe Überlegungen, zum Beispiel bei gleichförmigen Verfahren wie Dieselklagen oder Klagen zu Flugverspätungen Computerunterstützung zu nutzen, sagt Richterin Jutta Maurer, Sprecherin des Landessozialgerichts. Eher aber „erwarten wir jetzt eine Zunahme bei Schriftsätzen, die von einer KI erstellt wurden. Zum Beispiel Klageschriften, die mit ChatGPT geschrieben wurden“, so Maurer.
Sozialgerchte in Hessen
18 593 Verfahren sind 2022 eingegangen, davon 40 Verfahren zum Corona-Kurzarbeitergeld und 80 zu Long Covid. Insgesamt sank die Zahl der Verfahren im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent.
Die Bearbeitung von Klageverfahren dauerte im Schnitt 19,6 Monate, bei Eilverfahren 1,6 Monate.
Die meisten Verfahren betreffen das Krankenversicherungsrecht und die Grundsicherung. cka
Klagen können dabei zu verschiedenen Bereichen kommen. Jüngst entschied das Landessozialgericht etwa, dass ein Sturz beim Kaffeeholen im Büro als Arbeitsunfall gilt oder ein Pilot ohne eigenes Flugzeug abhängig beschäftigt ist.
Sozialgerichte in Hessen: Bisher wenige Verfahren wegen Corona
Eine wahre Flut von Verfahren hatte es seit 2018 jährlich im Krankenversicherungsrecht gegeben – etwa wenn Krankenhäuser gegen Krankenkassen klagten. Hintergrund war eine Gesetzesänderung auf Bundesebene. Die Fallzahlen haben sich hier nun wieder normalisiert, wie es hieß. Wegen Corona, etwa zu Kurzarbeitergeld oder Long Covid, gab es bisher relativ wenige Klagen vor den Sozialgerichten, was daran liege, dass auf Verwaltungsebene hier relativ großzügig entschieden worden sei, etwa bei der Bewilligung von Geldern, so Seitz; Impfschäden würden zudem häufig zivilrechtlich entschieden.