Abschied vom Traditionswähler
Die schonungslose Analyse der CDU-eigenen Konrad-Adenauer-Stiftung in Auszügen.
"Der nach Weihnachten mit einem Interview des Ministerpräsidenten Koch in der Bildzeitung entbrannte Wahlkampf hat das politische Meinungsklima innerhalb kurzer Zeit stark verändert. Das Thema Jugendgewalt stieß auf große Resonanz, die politischen Lösungsansätze überzeugten weniger. Insgesamt war in allen Wählergruppen eine große Verunsicherung sichtbar, während auch gleichzeitig eine Polarisierung einsetzte. Einbußen in der Wahrnehmung der Problemlösungskompetenzen und ein Glaubwürdigkeitsdefizit führten am Ende zu den starken Verlusten der CDU.
Vor dem kurzfristigen Stimmungsumschwung im Meinungsklima war im längerfristigen Trend eine Mehrheit für das bürgerliche Lager in Hessen erkennbar (und nicht nur unter der Voraussetzung, dass die Linke nicht in den Landtag einzieht). Der Wahlkampf in Hessen führte kurzfristig durch die starke Polarisierung zu einer Lagerbildung. Dies erschwerte für die Wechselwählerschaft den Wechsel zur, aber auch den Verbleib bei der CDU.
Bei der vorangegangenen Wahl war es der CDU im Saldo gelungen, in fast allen Wählergruppen (außer den Grünen) in erheblichem Umfang Wähler zu mobilisieren. Diese Wähler, aber auch deutlich darüber hinaus, hat sie jetzt wieder verloren. Besonders stark fallen die Verluste gegenüber der SPD und durch Wahlenthaltung für die CDU aus. An dem Wahlergebnis wird deutlich, dass Wahlen nicht mit Traditionswählern gewonnen werden können. Aufgrund der Bindungslosigkeit sehr großer Teile der Wählerschaft können an den Rändern keine Mehrheiten mobilisiert werden. Daher hat die CDU auch in fast allen sozialstrukturellen Gruppen … an Unterstützung verloren …
Das von der CDU… kommunizierte Thema Jugendkriminalität von Ausländern dominierte zwar die politische Agenda und führte zu einer Mobilisierung wie Polarisierung der politischen Lager, doch führte es auch dazu, dass die CDU in ein negatives Meinungsklima rutschte. Landesregierung und Partei büßten kurzfristig an Glaubwürdigkeit und Kompetenz ein…
Die Linke mobilisierte etwa ein Drittel ihrer Wählerschaft erst im Endspurt des Wahlkampfes. Die Polarisierung des Wahlkampfes brachte sie mit nach vorne…
Die Wahlbeteiligung ist geringfügig um 0,3 Punkte auf 64,3 Prozent gesunken. Während CDU und auch FDP erheblich Stimmen an das Nichtwählerlager abgaben, konnten alle anderen Parteien ehemalige Nichtwähler für sich mobilisieren. Damit hat die Demobilisierung innerhalb des CDU-Lagers erheblich zum Wahlergebnis beigetragen…"www.kas.de