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Ab ins Wasser bei 13 Grad

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Von: Jürgen Streicher

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Wiesbaden 30.4.2023 Anschwimmen der Taucher im Rhein , Treffpunkt in Biebrich an der Anlegestelle der Köln-Düsseldorfer. Der Startschuss durch OB Gert-Uwe Mende für das Stromschwimmen erfolgt gegen 10 Uhr auf dem Boot, von dem sie ins Wasser springen
Wiesbaden 30.4.2023 Anschwimmen der Taucher im Rhein , Treffpunkt in Biebrich an der Anlegestelle der Köln-Düsseldorfer. Der Startschuss durch OB Gert-Uwe Mende für das Stromschwimmen erfolgt gegen 10 Uhr auf dem Boot, von dem sie ins Wasser springen © Monika Müller

Rund 60 Retterinnen und Retter beim traditionellen „Anschwimmen“ im Rhein

Männer und Frauen im Ganzkörper-Neoprenanzug stehen gelassen am Ufer. Der Rhein ist im Ernstfall ihr Einsatzgebiet und ihr Arbeitsfeld. Vom Wiesbadener Ufer hier in Höhe von Schloss Biebrich bis zur Mitte des breiten Flusses. Rein theoretisch, denn dort übernehmen Rettungstaucher:innen aus Mainz offiziell, natürlich aber arbeiten sie bei Gefahr und bei Unglücken jeglicher Art in, auf und am Wasser immer mit den Kolleg:innen zusammen. Die Männer und Frauen in ihrem meist grau-blau-schwarzen Neopren-Outfit lehnen entspannt am Geländer vor dem Abgang zum Ufer. Einige kennen sich, die Stimmung ist heiter, keineswegs dramatisch. Heute kehren sie nach vier Monaten Winterschlaf in ihre Einsatzwelt zurück. Bei feinstem Sonnenschein, „Megawetter“, so Katrin Schiffer. Trotz knackigen 13 Grad Wassertemperatur.

Wenn es um Menschenleben geht, ist professionelles Agieren gefragt, da muss alles stimmen, möglichst schnell gehen, perfekt organisiert sein. Die Männer und Frauen, die hier um Aufmerksamkeit werben und für Momente abtauchen, haben alle eine „knackige Ausbildung“ hinter sich, weiß Katrin Schiffer, die bei der 300 Einsatzkräfte starken Berufsfeuerwehr Wiesbaden für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Deren Tauchgruppe besteht aus 32 Männern inklusive sechs Lehrtauchern. Da wird einiges verlangt: Apnoe-Tauchen, Geräteschwimmen, mindestens zwei Minuten Luft anhalten und 50 Meter Tauchen am Stück, auch mit voller Ausrüstung. „Nicht alle Bewerber schaffen das“, so Schiffer, alle werden regelmäßig geprüft, müssen Gesundheitsatteste vorlegen, dann können sie wie „Beffi“, so nennen die Kolleg:innen ihn liebevoll, auch mit 60 Jahren als Rettungstaucher im Rhein unterwegs sein.

Es wird eine ganze Menge verlangt im Einsatz. Verunglückte aus dem Wasser retten, Vermisste suchen, es sind die Hauptaufgaben, leider gehören auch unschöne Momente dazu. Fast jede Woche komme eine Meldung rein über einen Absprung von der Theodor-Heuss-Brücke in die Fluten. „Egal mit welcher Absicht, wir müssen hin“, sagt Lehrtrainer Andreas Böhler. Eine der wenigen Frauen in der zum Anschwimmen gekommenen Rettungstaucherwelt ist Yvonne Schmidt (30). Sie gehört zum Team des Katastrophenschutzes im Main-Taunus-Kreises, mit ihrer Männergruppe in Orange ragt sie farblich heraus. Nach dem Absprung genießt sie das Abdriften mit den anderen Richtung Schierstein, in ihrem Nebenjob sind alle ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig.

Alle Rettungstaucher:innen der Berufsfeuerwehren Wiesbaden und Mainz, vom DLRG und Katastrophenschutz, von Freiwilligen Wehren und den Werksfeuerwehren, die hier ins kühle Nass springen, sind rund ums Jahr bei Notfällen im Einsatz. Das Bild vom Winterschlaf gilt nur für das Training im Fluss. Das „Abschwimmen“ ist immer an Silvester in Mainz, im April wird am anderen Ufer geschwommen. Vom Landungssteg der Köln-Düsseldorfer bis zur Hafenspitze in Schierstein, knapp zweieinhalb Kilometer den Rhein abwärts, begleitet von Booten. Für Betrachter:innen sieht es aus, als würde es bergab gehen, die Strömung ist ganz ordentlich. Nach dem Sprung aus dem Binger Feuerwehrboot in der Mitte des Flusses geht es schnell flott voran, Arme und Schwimmflossen dienen dabei zum Steuern.

So entspannt soll es auch sein, an Land und am besten auch im Wasser, das dient der Kommunikation der Einsatzkräfte untereinander, Netzwerken der Organisationen und jedes Mal auch einem guten Zweck. Alles, was Rettungstaucher:innen und flanierendes Publikum am Ufer für Speis und Trank am Ernährungswagen zahlen und zusätzlich in die Spendenbox werfen, geht an die Stiftung „Bärenherz“ für ein Kinderhospiz. Darüber freut sich auch Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, der dabei ist am Sonntagmorgen.

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