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"Das Verschwinden der Eleanor Rigby"

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Von: Ulrike Frick

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München - „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ überzeugt auch in der gekürzten Fassung durch Emotionalität und Poesie.

Ein Poster von Claude Lelouchs „Ein Mann und eine Frau“ aus dem Jahr 1966 hängt an der Wand in Eleanor Rigbys Jungmädchenzimmer, in das sich die Heldin zurückzieht. Einen Mann und eine Frau, mehr braucht auch der Regiedebütant Ned Benson nicht, um mit „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ einen der ungewöhnlichsten und wahrsten Spielfilme des Jahres auf die Leinwand zu zaubern – trotz der ungeheuren Amputation, die der Film erfahren musste, bevor er den Weg in unsere Kinos fand.

Beim Filmfest in Toronto zeigte Benson im vergangenen Jahr eine insgesamt 189 Minuten lange Doppelfassung seiner Arbeit, unterteilt in „Him“ und „Her“: Die Geschichte eines Paares, ihrer Liebe, ihres Leids und des Erodierens ihrer Beziehung – einmal aus seiner Sicht erzählt, einmal aus der ihren. Doch die Produzenten, die als energische „Scherenhand“ betitelte Weinstein Company, verließ der Mut, beide Teile ins Kino zu bringen – eine gekürzte Variante lässt sich besser vermarkten. Jetzt hat Benson eine, auf gerade einmal zwei Stunden kondensierte Fassung zusammengeschnitten: „Them“ war im Mai bei den Filmfestspielen in Cannes erstmals zu sehen. Und Hauptdarstellerin Jessica Chastain wird seitdem nicht müde, den großen Verlust zu erwähnen. Doch wer das Original nicht kennt, dem fallen die Kürzungen nicht oft auf. Was der Film an Gefühlen transportieren will, kommt an. Wer sich den Genuss des Gesamtkunstwerks bereiten möchte, muss wohl entweder auf die DVD warten oder in die Schweiz fahren. Dort läuft „Das Verschwinden der Eleanor Rigby“ im Doppelpack.

Ein Mann und eine Frau finden sich und trennen sich einige Zeit später. Ein tiefer, großer Schmerz bleibt bei beiden. Sie verstummt darüber, er verfällt in einen alles übertönenden Aktionismus. Es dauert in der Kurzfassung des Films eine Weile, ehe man die Verletzung von Eleanor und ihrem Ex-Mann Conor (James McAvoy) fassen kann. Die Trennung war ein derart wuchtiger Schicksalsschlag, dass sie sich wieder bei den Eltern verkriecht, während er sie wie ein um Aufmerksamkeit bettelndes Hündchen umkreist. Die Sprünge zwischen den Szenen sind oftmals gewaltig, und vielen Momenten fehlt die Ausgewogenheit. Man erkennt häufig schon an der Farbgebung, welche Situationen aus welchem Film zusammengepfriemelt wurden. Seine besondere, zu Herzen gehende Poesie und emotionale Stärke sind dem Film aber glücklicherweise nicht abhanden gekommen.

(In München: Studio Isabella, Münchner Freiheit, Abc, Atelier, Arena.)

Ulrike Frick

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