Bei Lanz entbrennt die Debatte um Kreuzfahrten und deren Anteil am Klimawandel

Markus Lanz widmete sich bei seiner Talkshow dem Thema Umwelt. Diskutiert haben Fritz Joussen, Tui-Chef, Clara Meyer von „Fridays for Future“,Welt-Redakteur Dirk Schümer und Peter Wohlleben, Autor.
Kurt Georg Kiesinger, Mitte der sechziger Jahre mal deutscher Bundeskanzler, erwies sich als Prophet. Er warnte seinerzeit: „Ich sage nur China, China, China!“ Heute ist China da, hier und anderswo. Wer etwa um zehn Uhr morgens über den Frankfurter Römerberg spaziert, erlebt ein Phänomen, das es dort vor 20 Jahren nicht gab: Scharen von Touristen aus Fernost. Zu Wohlstand gekommen, reisen die Chinesen nun durch die Welt, wie die Deutschen auch – aber es gibt sehr viel mehr von ihnen. Allein in China würden 166 neue Flughäfen gebaut, berichtete Fritz Joussen, Chef des Touristik-Konzerns TUI, bei Markus Lanz. Der hatte seine Sendung diesmal nur einem Thema gewidmet, der Umwelt, und die Gäste danach eingeladen. Neben Joussen Clara Meyer von der „Fridays for Future“-Bewegung, den Welt-Redakteur Dirk Schümer und Peter Wohlleben, Förster und Autor („Das geheime Leben der Bäume“).
TUI-Boss redete seinen Anteil am Klimawandel klein
Der TUI-Boss wusste die Gelegenheit zu nutzen, die ihm Lanz bot – zumal der ihn gewähren ließ (und eher an den falschen Stellen unterbrach). Joussen begann bei seiner Apologie des Tourismus mit der Behauptung, dass die Kritik beim Thema Reisen „zu kurz springe“. Er legte dar, dass die Fliegerei wie auch die kommerzielle Schifffahrt nur je 2,5 Prozent der Emissionen weltweit ausmachten; den nur 300 Kreuzfahrt- stünden 40000 Handelsschiffe gegenüber. Das wirkliche Problem sei eher der „Undertourism“, denn bei den Destinationen seines Unternehmens trage der Tourismus 20 Prozent des Bruttosozialprodukts bei.
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Joussens Strategie, seinen Anteil am Klimawandel kleinzureden und auf andere Umweltsünder zu verweisen – so mache der Autoverkehr 20 Prozent der CO2-Emissionen aus – verfing allerdings nicht bei Clara Meyer. Sie nannte die Kreuzfahrten (es werden derzeit 150 der Riesen gebaut) „Klimadumping“. Auf die Eigenwerbung der TUI verweisend, dass man Strohhalme reduziere, forderte sie stattdessen eine Reduzierung der Flotte, und auch Joussens Hinweis auf die Umstellung von Diesel auf Gas kam bei der jungen Umweltschützerin nicht gut an: Denn dieses Gas werde durch Fracking gewonnen – bekanntlich eine extrem gefährliche und umweltschädliche Art der Förderung.
Aufklärung in Sachen Deutscher Wald
Die junge Frau kam im Gegensatz zum TUI-Chef relativ wenig zu Wort, konnte aber immerhin Kritik am Sprachgebrauch üben. Es sei nicht richtig, die Bewegung der Jugend als „radikal“ zu qualifizieren, denn man müsse einen Systemwechsel anstreben, so müsse endlich das Zugfahren billiger werden – eine Erkenntnis, die inzwischen Allgemeingut, aber noch nicht bei Verkehrsminister Scheuer (CSU) angekommen ist.
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Und während Dirk Schümer, in Venedig wohnend, wo man gerade Kreuzfahrtschiffe aussperren will, darauf abhob, man müsse bei sich selbst anfangen und auf die eigenen Interessenschauen beim Thema Reisen, gab sich Förster Wohlleben dem Anschein nach gelassen: In 30 Jahren werde es keine Kreuzfahrten mehr geben. Doch das war eher heiterer Sarkasmus, denn der Umweltschützer verwies auf die Versäumnisse in der Vergangenheit: Es sei in den letzten 30, 40 Jahren nichts passiert, und ohnehin habe Deutschland zehn Jahre verschenkt beim Umweltschutz.
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Der Autor belebte den Abend durch seine Aufklärung in Sachen Deutscher Wald und eindeutige Urteile: „Wir haben in Deutschland kaum Wälder, die man so nennen kann.“ Das seien Plantagen, angelegt von Förstern, die Holz verkaufen wollten und deshalb Laubwälder vernichtet und etwa auf Fichten gesetzt hätten. Die Idee von Ministerin Julia Klöckner (CDU), gegen das durch die Trockenheit forcierte Baumsterben Douglasien aus Nordamerika zu importieren, lehnte der Fachmann ab: „Sie hat keine Ahnung“. Wohlleben plädierte dafür, wieder mehr Natur zuzulassen. „Der Wald kommt bei uns von alleine.“
„Markus Lanz“, ZDF, von Dienstag, 13. August, 22.45 Uhr. Infos im Netz
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