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Neue Hoffnung für Alzheimer-Patienten

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Von: Pamela Dörhöfer

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Mangelnde Merkfähigkeit gehört zu den Symptomen.
Mangelnde Merkfähigkeit gehört zu den Symptomen. © Getty Images

Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Alzheimer lassen auf eine frühe Therapie hoffen. Eventuell kann die Erkrankung gebremst oder gar verhindert werden.

Den Prozess des Vergessens rückgängig zu machen oder zumindest aufzuhalten – darauf hoffen Wissenschaftler, Angehörige von Alzheimer-Kranken und Patienten, die sich ihrer Situation noch bewusst sind, seit vielen Jahren. Bislang vergebens: Ein Medikament, das Alzheimer heilen könnte, scheint vorerst nicht in Sicht. Auch Substanzen, von denen sich Forscher noch vor wenigen Jahren den großen Durchbruch versprachen, lieferten in klinischen Studien dann doch nicht die gewünschten Ergebnisse und schafften es nicht bis zur Zulassung. „Wir treten bei der Behandlung von Patienten im Stadium der Demenz trotz intensiver Forschung auf der Stelle“, sagt Richard Dodel, Chefarzt des Geriatrie-Zentrums Haus Berge in Essen, der seit kurzem als erster Neurologe einen Lehrstuhl für Geriatrie inne hat.

Sehr wohl aber gibt es entscheidende neue Erkenntnisse darüber, wie Alzheimer entsteht und lange vor dem Auftreten der ersten Symptome erkannt werden kann. Beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der noch bis Samstag in Mannheim tagt, stellten Experten gestern den aktuellen Wissensstand vor. Die Hoffnungen der Forscher ruhen demnach derzeit vor allem darauf, frühzeitig festzustellen, dass sich die Erkrankung anbahnt und sie dann bremsen oder vielleicht sogar ganz verhindern zu können. Der entscheidende Punkt dabei sei es, Menschen mit einem hohen Risiko für eine Demenz zu identifizieren „und gegenzusteuern, solange sie kognitiv noch gesund sind“, sagt Richard Dodel.

Auch belegten aktuelle Studien, dass ein gesunder, aktiver und den Geist fordernder Lebensstil vor Alzheimer schützt. Als gesichert gelte, dass Diabetes mellitus, Übergewicht, eine niedrige Bildung, Rauchen, mangelnde Bewegung, Depression und Bluthochdruck „für bis zur Hälfte aller Alzheimer-Fälle verantwortlich sind“, erklärt der Essener Neurologe. Dabei gibt es regionale Unterschiede: So stelle in den USA ein geringer Bildungsgrad den wichtigsten Risikofaktor dar, in Europa hingegen stehe „körperliche Inaktivität“ an erster Stelle. Die neuen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde empfehlen, insbesondere Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht im Auge zu gehalten. Insgesamt ließe sich die zahl der Alzheimer-Patienten „weltweit um eine Million reduzieren“, würde man all die genannten Risikofaktoren „in den Griff bekommen“, ist sich Richard Dodel sicher.

Genmutation kann vor Alzheimer schützen: Forscher finden neue Ansatzpunkte für eine mögliche Therapie von Alzheimer. 

Unheilvoll könne sich aber auch schlechter Schlaf auswirken und das Entstehen von Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson fördern, sagt der Neurologe und Schlafmediziner Geert Meyer, Chefarzt an der Hephata-Klinik in Schwalmstadt: „Das erhöht das Demenzrisiko hochgradig, um 75 Prozent.“ Wer über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten unter Ein- und Durchschlafstörungen sowie Tagesschläfrigkeit leide oder sich nachts auffällig stark bewege, sollte sich deshalb im Schlaflabor untersuchen lassen, rät der Mediziner.

Die negativen Folgen im Hinblick auf Demenz hängen mit der „Spülfunktion“ des Schlafs zusammen, erläutert Geert Mayer: „Im Schlaf werden Abbaustoffe, die sich über den Tag angesammelt haben, aus dem Gehirn gewaschen. Fehlt die Nachtruhe, kann sich in den Nervenzellen Abfall des Gehirnstoffwechsels anhäufen und Schaden anrichten.“ So lagerten sich vermehrt Eiweiße ab, darunter auch Abbau-Stoffe, die charakteristisch für Alzheimer seien, wie Tau-Proteine oder Beta-Amyloid. Beide haben Forscher in den letzten Jahren als wichtige „Biomarker“ identifiziert, die Alzheimer ankündigen, noch bevor der geistige Abbau spürbar wird. Ein weiterer solcher Hinweis auf molekularer Ebene ist zudem der Fettstoffwechselmarker Apolipoprotein E.

Aktuell laufen in den USA mehrere Studien mit Menschen, die auffällige Werten bei diesen Proteinen aufweisen und somit ein hohes Risiko für Alzheimer haben, aber noch keine geistigen Einschränkungen zeigen. Sie erhalten Medikamente, die sich gezielt gegen die Proteinablagerungen im Gehirn richten, etwa monoklonale Antikörper. Zu den Substanzen, in die Forscher Hoffnungen setzen, gehört unter anderem der Antikörper Aducanumab. Bei Patienten mit hohem Risiko, aber noch ohne kognitive Defizite oder nur leicht ausgeprägtem Alzheimer sich in Untersuchungen nach etwa 54 Wochen eine deutliche Verbesserung gezeigt, sagt Richard Dobel.

An den laufenden Studien in den USA sind Universitäten, zum Teil auch deutsche Zentren, und Pharmaunternehmen beteiligt. „Die präsymptomatische Behandlung ist ein vielversprechender Ansatz“, sagt der Essener Neurologe, das zeige sich auch darin, dass US-Präsident Barack Obama für die Erforschung mehr als 200 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt habe. Die Studien sind auf mindestens drei Jahre angelegt. Konkrete Ergebnisse werden aber erst 2018 erwartet.

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