Mittelmeer-Diät hilft bei Typ-2-Diabetes

Wissenschaftler untersuchen verschiedene Ernährungsformen und ihre Auswirkungen auf Typ-2-Diabetes. Weltweit leiden geschätzt 350 bis 400 Millionen Menschen an der Krankheit.
Für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist die „Mittelmeer-Diät“ im Vergleich zu acht anderen Ernährungsformen am besten geeignet, um ihre Blutzuckerwerte zu verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt ein europäisches Wissenschaftlerteam unter Leitung von Lukas Schwingshackl und Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE). Ihre Erkenntnisse haben die Experten im European Journal of Epidemiology veröffentlicht. Die Forscher hatten für ihre Untersuchung die Daten von knapp 5000 Studienteilnehmern aus 56 Ernährungsstudien mit Hilfe einer neuen Analysemethode ausgewertet.
Typ-2-Diabetes gehört zu den wichtigsten Volkskrankheiten, unter der weltweit geschätzt 350 bis 400 Millionen Menschen leiden. Die Krankheit, bei der die Blutzuckerwerte aufgrund einer Insulinresistenz des Körpers erhöht sind, bildet sich häufig im mittleren bis höheren Erwachsenenalter heraus und hat viel mit dem Lebensstil zu tun. Übergewicht und Bewegungsmangel befördern das Entstehen eines Typ-2-Diabetes. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Über die Ernährung lässt sich die Erkrankung günstig beeinflussen.
Doch welche Kost ist dafür am besten geeignet? Auch Experten fällt ein objektiver Vergleich verschiedener Ernährungsformen schwer. Mit Hilfe der neuen Analysemethode, der sogenannten Netzwerk-Meta-Analyse, sei es nun aber möglich, viele verschiedene Kostformen gleichzeitig auszuwerten und miteinander zu vergleichen, heißt es in einer Mitteilung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung. Voraussetzung dafür sei, dass die in die Meta-Analyse einbezogenen Studien jeweils die Wirkung von mindestens zwei verschiedenen Kostformen auf Studienteilnehmer verglichen haben.
Zu den neun untersuchten Kostformen gehören die Low-Fat-, die Paleo-, die High-Protein-, die Low-Carb- und die Mittelmeer-Diät. Ebenso analysierten die Wissenschaftler die Wirkung einer vegetarisch/veganen Kost sowie den Effekt von Diäten mit einem moderaten Kohlenhydratanteil oder mit einem niedrigen glykämischen Index beziehungsweise einer niedrigen glykämischen Last. Wenn die Teilnehmer sich an keine bestimmte Diät hielten, sondern sich wie gewohnt ernährten, wurde das als Kontroll-Diät gewertet. Die Forscher schlossen nur Studien in ihre Analyse ein, bei denen die Teilnehmer älter als 18 Jahre alt waren und mindestens für zwölf Wochen eine bestimmte Kostform einhielten.
Die Mittelmeer-Diät war demnach am besten geeignet, um den Nüchtern-Blutzuckerwert zu senken. Dieser gibt die Blutzuckermenge nach einer mindestens achtstündigen Fastenperiode an, zum Beispiel am Morgen nach der Nachtruhe. Bei gesunden Menschen beträgt der Nüchtern-Blutzuckerwert 4,4 bis 5,6 mmol/l. Ein Wert von 5,6 bis 6,9 mmol/l weist auf eine beginnende Diabeteserkrankung hin.
Alle Diäten waren besser als alten Essgewohnheiten
Bei der Mittelmeer-Diät sollen vor allem viel frisches Gemüse, Salat, Nüsse, Fisch und Olivenöl auf dem Teller landen. Rotes Fleisch und fetthaltige Milchprodukte sollten dagegen nur in geringen Mengen verzehrt werden. Auf Platz Zwei kam die Paleo-Diät, dann folgte die vegane Kost. Die Paleo-Diät setzt auf eine Ernährung wie in der Steinzeit. Auf dem Speiseplan sollen Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier, Salate, Nüsse, tierische Fette und Obst in Maßen stehen. Zucker, Milchprodukte Pflanzenfette und Getreideprodukte hingegen sind verboten. Eine vegane Ernährung bedeutet Verzicht auf alles, was vom Tier stammt – also auf Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte.
Die Low-Carb-Diät – also eine Kost mit wenig Kohlenhydraten – war dagegen am besten geeignet, um den Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c-Wert) günstig zu beeinflussen. Aber auch die Mittelmeer- und die Paleo-Diät hatten in dieser Hinsicht sehr positive Effekte. Der HbA1c-Wert zeigt an, wie hoch der Blutzucker in den vergangenen acht bis zwölf Wochen war. Kurzfristige Blutzuckerschwankungen beeinflussen ihn so gut wie gar nicht. Ärzte nutzen den Langzeit-Blutzuckerwert deshalb, um einzuschätzen, wie gut die Diabetes-Erkrankung bei einem Patienten in der jüngeren Vergangenheit eingestellt war. Zudem kann der Wert auch bei der Diagnose hilfreich sein. Liegt der HbA1c-Wert über 6,5 Prozent, so leidet jemand an Diabetes.
Die fettarme Low-Fat-Diät zeigte von allen untersuchten Ernährungsformen die schwächsten Effekte auf den Zuckerstoffwechsel, das heißt, sowohl auf den Nüchtern- als auch auf den Langzeit-Blutzuckerwert. Allerdings, so erklären die Experten der DifE, sei auch die Low-Fat-Diät immer noch „deutlich effektiver“ gewesen als die Kontroll-Diät. Im Vergleich zur gewohnten Ernährung hätten alle untersuchten Diäten „mit leicht unterschiedlicher Stärke“ dazu beigetragen, den Nüchtern-Blutzucker-Wert um 1 bis 1,61 mmol/l zu senken. Ebenso hätten sie die HbA1c-Werte um 0,47 bis 0,82 Prozent vermindert.
„Unsere Studie zeigt, dass eine pflanzenbasierte Kost wie die Mittelmeer-Diät eine gute Möglichkeit ist, den Zuckerstoffwechsel bei Menschen mit Diabetes günstig zu beeinflussen“, sagt Erstautor Lukas Schwingshackl. Die Wissenschaftler gehen derzeit davon aus, dass die in Früchten, Gemüse, Olivenöl, Nüssen, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe sowie Ballaststoffe die Insulinempfindlichkeit der Patienten verbessern und die Produktion von Advanced Glycation Endproducts (AGEs) verringern. Letztere sind Zucker-Eiweißverbindungen, die insbesondere bei oxidativem Stress, aber auch bei zu hohen Blutzuckerwerten entstehen.
„Seit langem ist bekannt, dass bei Diabetes eine gute Blutzuckerkontrolle ein entscheidender Schritt ist, um schwere Folgeerkrankungen wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu verhindern“, sagt Heiner Boeing, der am DIfE die Abteilung Epidemiologie leitet. „Menschen mit Diabetes sollten so viel wie möglich über ihre Ernährung dazu beizutragen, den Blutzucker in den Griff zu bekommen. Dies fördert auf einfache Weise das Wohlbefinden, spart Medikamente und entlastet hierdurch auch unser Gesundheitssystem.“